TESTKIT UND HAFTKLEBEBAND FÜR EINE ZYTOLOGISCHE UNTERSUCHUNG DER HAUTOBERFLÄCHE
GEBIET DER ERFINDUNG
Die Erfindung betrifft ein Haftklebeband, einen Kit für die Untersuchung von suspekten Veränderung der Haut und die Verwendung von Haftklebebändern in Kits zur Schnelldiagnostik von Hauterkrankungen.
HINTERGRUND DER ERFINDUNG
Hautkrebs bzw. Melanome sind wegen des veränderten Freizeitverhaltens seit Jahren in Vormarsch. So nimmt die Zahl der Erkrankungen alle Jahre um etwa 5% zu. In den Vereinigten Staaten zählen Melanome bereits zu den sieben häufigsten Krebserkrankung. Es wird geschätzt, dass das Lebensrisiko, an Hautkrebs zu erkran- ken, in Nordamerika bereits auf 1 :75 gestiegen ist und aufgrund der hohen Zuwachs¬ raten nimmt auch die Gefahr von früh metastasierenden Melanomen stetig zu. In Europa sind ähnliche Entwicklungen zu erwarten. Der Krebs zeigt sich zunächst auf der Haut und siedelt dann im Körper aus, ins Lymphsystem, in die Leber, in die Lunge, in Knochen und in anderen Organen und Geweben. Hat das Melanom seinen primären Ort verlassen, so gilt es als nicht heilbar. Die zur Verfügung stehenden systemischen Behandlungsverfahren erlauben allenfalls eine Lebensverlängerung des Betroffenen, aber keine vollständige Heilung.
Melanome zählen unter den metastasierenden Tumorarten zu denen, wo der primäre Tumor oft nicht lokalisiert werden kann. Die Untersuchung von verdächtigen Hauterscheinungen auf Melanome ist daher von größter Wichtigkeit für den Dermatologen. Die derzeitigen Untersuchungsmöglichkeiten von verdächtigen Haut¬ veränderungen beruhen stets auf einer visuellen Vorbeurteilung durch den behan¬ delnden Arzt, der Exzision oder Aspiration von verdächtigen Hautbereichen und dann einer zytologischer Untersuchung der Probe. Dies ist für den Patienten belastend, nicht nur wegen des chirurgischen Eingriffs, sondern auch, weil die zytologischen Unter¬ suchungen zumeist mit zeitlichem Abstand im Labor erfolgen. Die Wartezeit zwischen Exzision und zytologischem Befund ist für viele Patienten mit quälenden Ängsten verbunden. Auch ist der chirurgische Eingriff so klein nicht, als dass er er bei leisestem
Verdacht erfolgen könnte, sondern er bedarf regelmäßig der Erörterung mit dem Patienten. Dies führt dazu, dass der behandelnde Arzt Hautveränderungen gemäß. Wahrscheinlichkeiten beurteilen muss und dies bedingt die Gefahr von übersehenen Melanomen oder falsch eingeschätzten malignen Hautveränderungen Es wäre daher vorteilhaft, bei der visuellen Prüfung rasch von allen verdächtigen Hautveränderungen eine zytologische Untersuchungsprobe nehmen zu können, ohne den Patienten mit einem chirurgischen Eingriff und den damit verbundenen Ängsten und Schmerzen belasten zu müssen.
Bei erosiven Hautveränderungen können durch Abklatsch oder Abstrich zyto- logische Präparate gewonnen werden. Melanome, Basalinome oder spinozelluläre Karzinome sind aber zumeist nichterodierend. Bei Verdacht auf eine schuppende Hautkrankheit ist zudem bekannt, abgeschilferte Hautschuppen mit einem Klebefilm schonend abzunehmen und dann die Schuppen unter dem Mikroskop betrachten. Dieses Präparationsverfahren wird auch eingesetzt bei der Diagnostik von Pityriasis versicolor, einer Pilzerkrankung der Haut. Die oberflächlichen Pilzelemente werden mit dem Klebeband abgehoben und dann mit Methylenblau für die Untersuchung unter dem Mikroskop angefärbt. Klebestreifen werden zudem eingesetzt zur Diagnose von Zahnplaque, in Allergie- und Tuberculin-Tests (siehe GB 546,126; GB 501 ,873) zur Sicherstellung von Schuppen- und Faserproben für forensische Untersuchungen oder bei der Diagnostik auf Parasiten (siehe FR 2 599 500). DE 195 23 581 schlägt zudem einen durchsichtigen oder durchscheinenden Klebefilm vor zum Aufnehmen von Hautzellen (Corneozyten) und adhärierter Dermatophyten (Pilze der Gattungen Trichophyton, Epidermophyton und Microsporum) und Bakterien von der Haut¬ oberfläche. Als Trägermaterial für den wahlfrei gefärbten transparenten Klebefilms werden Polymerisate auf Polyolefin-Basis verwendet und als Selbstklebemasse Haft¬ kleber auf der Basis von Polyacrylaten. Die DE 197 18 066 beschreibt in diesem Zusammenhang ferner die Verwendung eines wasserlöslichen Haftklebers, so dass die aufgenommenen Corneozyten und adhärierter Dermatophyten und Bakterien für weitere Untersuchungen wieder vom Klebeband abgelöst werden können. Die DE 196 08 129 beschreibt schließlich eine selbstklebende Trägerfolie mit einem in der Klebeschicht befindlichen, wählbaren Indikatorsubstanz für den Nachweis verschie¬ denster chemischer Substanzen. Die Verwendung von transparatenen Haftklebefilmen in Reihenuntersuchungen zur Gewinnung von Oberflächenzellen für Reihenunter-
suchungen auf den Anteil an kernhaltiger Oberflächenzellen und sonstiger zytomor- phologischer Kriterien war nicht bekannt.
Es ist Aufgabe der Erfindung, einen Kit für die Untersuchung von Erkrankungen der Haut bereitzustellen, der insbesondere eine zytologische Schnelldiagnose auf atypische Epithelzellen erlaubt. Ein weiteres Ziel der Erfindung ist ein einfaches Mittel zur schmerzlosen Erlangung von Hautproben für die zytologische Diagnostik bereitzu¬ stellen. Das Mittel und der Kit sollen eine differentialdiagnotische Unterscheidung von benignen und malignen Veränderungen der Haut erlauben und insbesondere eine Früherkennung von malignen Melanomen, Basaliomen, aktinischen Keratosen. Es soll also ganz allgemein ein Mittel und ein Kit bereitgestellt werden für eine nicht-invasive Früherkennung zytopathologisch relevanter Veränderungen der Haut.
ZUSAMMENFASSUNG DER ERFINDUNG
Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Haftklebeband für die Hautdiagnostik gemäß Anspruch 1 sowie den Testkit gemäß Anspruch 10. Weitere Ausführungs¬ formen der Erfindung sind in den Unteransprüchen beschrieben.
Die Erfindung stellt ein Mittel und einen Testkit für die Diagnostik von krankhaften Veränderungen der Haut bereit, umfassend ein klares transparentes Haftklebeband, bestehend aus einem transparenten Trägerfilm und einer Haftklebe- schicht darauf, die nach dem Aufbringen des Haftklebebands auf die Haut einen so starken Kontakt mit oberflächlichen Hautzellen herstellt, dass beim Abziehen des transparenten Haftklebebands von der Haut, in erheblichem Umfang Epithelzellen und Keratinozyten aus den oberflächlichen Hautschichten am Haftklebeband kleben blei¬ ben und von der Haut abgerissen werden. Diese Epithelzellen stehen dann unmittelbar einer zytologischen Untersuchung zur Verfügung.
Die Erfindung beruht auf der überraschenden Entdeckung, dass Haftklebefilme mit einer so stark zellbindenden Kleberschicht ausgelegt werden können, dass beim Abreißen des Films von der Haut nicht nur bereits abgeschilfterte Zellen und Schuppen auf das Haftklebeband übergehen, sondern dass selektiv bei pathologischen Hautver- änderungen auch Epithelzellen und Keratinozyten aus der Hautoberfläche exfoliert werden. Diese oberflächlichen exfolierten Zellen stehen dann unmittelbar für eine aus¬ sagekräftigen Zytologie zur Verfügung. Ist der Klebekontakt zwischen Haftklebeband
und den oberflächlichen Hautschichten und dessen Zellen zu schwach, werden nur tote vertrocknete Keratinozyten und Schuppen vom Klebeband abgehoben. Eine Zytologie an derartigen Hautschuppen ist nicht sinnvoll und aussagekräftig. Ist aber der Klebekontakt zwischen Haut und Haftklebeband stark, dann werden nicht nur beim ersten Abriss, sondern auch beim zweiten, dritten und vierten wiederholten Abzug bei suspekten Hautveränderungen regelmäßig Epithelzellen und Keratinozyten aus der Hautoberfläche mit abgerissen, die dann in einer Schnellzytologie untersucht werden können. Bei normalen Hautpartien werden von einem derartigen Klebeband nur tote Schuppen abgetragen. Man nützt also die geringere Gewebebindung bei patholo- gischen Veränderung der Haut selektiv aus und auch die bekannte Tatsache, dass auf der Hautoberfläche im Normalfall „keine" lebende kernhaltigen Zellen vorliegen. Gehen also beim Abrisspräparat nicht nur Hautschuppen auf den Haftklebefilm über, sondern in erheblichem Umfang auch kernhaltige Keratinozyten oder andere kernhaltige Zellen, dann liegt eine Hautveränderung vor, die in jedem Fall differentialdiagnostisch weiter untersucht werden muss. Die Tatsache von kernhaltigen Zellen auf der Hautoberfläche weist zudem darauf hin, dass das unter dem Haftklebefilm befindliche Gewebe patho¬ logisch verändert ist.
Der Abriss eines stark klebenden Klebebandes wird zwar vom Patienten an em¬ pfindlichen Stellen als unangenehm empfunden. Dies ist aber ein gewohnter natür- licher Schmerz, der toleriert wird, während eine Exzision oder eine Aspiration mit einer Nadel regelmäßig als belastend empfunden wird.
Der Haftklebefilm für die erfindungsgemäße Schnellzytologie besteht aus einem transparenten Substrat oder Träger und einem starken Kontaktklebstoff. Dies ist bei¬ spielsweise bei einem Acrylat-Klebeband wie dem transparenten Tesa®-Film gegeben, wenngleich diese Klebebänder für andere Zwecke hergestellt werden und vorgesehen sind. Der kommerziell erhältlich transparente Tesa®-Film besitzt hinreichend Klebkraft, wenn er fest von der Rückseite auf die verdächtige Hautveränderung aufgerubbelt wird. Ein Haftklebefilm mit einer etwas dickeren und nach dem ersten Aufbringen schnell aushärtenden Haftkleberschicht ist aber wegen einer größeren Zellausbeute bevorzugt. Auch entfällt das Rubbeln und das Abrissverfahren wird einheitlicher. Aber auch mit einem kommerziellen Tesa®-Film können bereits, wenn der Film sehr fest angedrückt wird, regelmäßig oberflächliche Epithelzellen aus der Haut abgerissen
werden. Ein Haftklebefilm mit einem speziellen Hautklebstoff wie N-Butyl-2- cyanoacrylsäure ist natürlich besser geeignet. Besonders geeignet sind auch Haft¬ klebefilm mit einem definierten Auftrag an Fibrinklebstoff in Kombination mit einem Acrylatkleber. Besonders geeignet für den Träger sind herkömmliche Polyamide. Es können auch Copolymere üblicher Polyamidmonomere mit anderen Monomeren verwendet werden oder Gemische von zwei oder mehreren Polyamiden. Das Copolyamid besteht bevorzugt aus einem Caprolactam wie Nylon-6 und Nylon-6,6, Laurolactam und Hexa- methylendiaminadipat, wie auch auf anderen polyamidbildenden Verbindungen. Weitere Bestandteile können sein: 11-Aminoundecansäure und Salze des Hexamethy- lendiamins mit Adipin-, Azelain-, Sebacin- und Undecandicarbonsäure. Das Substrat kann auch ein herkömmlicher transparenter Polybuten- oder Polypropylenfilm sein oder aus einem Polyester bestehen. Bevorzugt sind thermoplastische Polymere als Träger.
Die Dicke des Trägers ist in der Regel 1 und 1000 μm, bevorzugt zwischen 5 und 250 μm, besonders bevorzugt 10 bis 100 μm. Dünnere Substrate sind aus opti¬ schen Gründen bevorzugt. Der Träger ist bevorzugt klar transparent und einseitig mit Haftkleber beschichtet. Die andere Seite des Trägers besitzt bevorzugt eine kratzfeste harte Oberschicht, so dass der Haftklebefilm analog einem Deckgläschen auf einem Objektträger verwandt werden kann. Das transparente Klebeband besitzt deshalb bevorzugt integiert eine Auflagemarkierung, z.B. in Form eines Kreises oder eines Gitterfelds, so dass später die pathologische Stelle mit der Hautveränderung unter dem Mikroskop lokalisiert werden kann. Bei einem durchsichtigen, klaren Haftklebefilm mit aufgedruckter oder integrierter Auflagenmarkierung kann man den Klebestreifen auch zielgenauer auf die suspekte Hautveränderung legen und nach dem Abreißen als „Deckglas" (mit den Zellen nach unten) auf einem Objektträger verwenden. Der Haftklebefilm ist daher bevorzugt ein klar transparenter, einseitig mit Haftkleber beschichteter Streifen in der Größe eines handelsüblichen Objektträgers für die Mikroskopie. Er besitzt bevorzugt eine für das Auge sichtbare Auflagenmarkierung und fakulativ eine für das Auge sichtbare sowie eine mikroskopisch kleine Beschriftung zwecks Präparatzuordnung. Er besitzt zudem bevorzugt an einer Seite ein rauhes Feld für eine manuelle Beschriftung. In der kommerziellen Form wird daher der erfindungsgemäße Abrissfilm als kurze Auflegestreifen, fakultativ mit einem
abziehbaren Schutz für die Haftkleberschicht, ausgebildet sein.
Es können in den Kleber des Klebestreifens Substanzen enthalten sein, die eine Charakterisierung der abgezogenen Zellen erlauben, z.B. in der Mikroskopie (Licht, Fluoreszenz, Polarisation) oder durch eine spezifische chemische Reaktion (Präzipitationsreaktionen, Antigen-Antikörper-Reaktion), usw.
Die Haftklebeschicht kann alle möglichen Arten von Klebstoffen umfassen wie Klebstoffe auf Acrylatbasis, wie in Tesa®-Film, Klebstoffe auf Basis von Naturkaut¬ schuk, Klebstoff auf Basis von synthetischem Kautschuk wie Polystyrolpolybutadien (SBR), Ethylenvinylacetate (EVA), auf Blockcopolymeren basierende Klebstoffe aus synthetischem Kautschuk wie Polystyrol-Butadien-Polystyrol (SBS) und Polystyrol- Polyisopren-Polystyrol (SIS), Klebstoff auf Vinyletherbasis, Klebstoffe auf Siliconbasis, Klebstoffe auf Polyurethanbasis, chlorierte Klebstoffe, etc. Eine Anzahl dieser Kleb¬ stoffe ist beispielsweise in den europäischen Patentanmeldungen 103407 und 487171 beschrieben. Besonders bevorzugt sind Klebstoffe auf der Basis von Acrylsäure. Ganz besonders bevorzugt ist ein Haftklebefilm mit einer dünnen Schicht monomerer N- Butyl-2-cyanoacrylsäure, die in Kontakt mit der Haut rasch polymerisiert. Ferner können Fibrinklebstoffe verwendet werden.
Wie auch immer, der Klebstoff muss so beschaffen sein, dass er nach Kontakt mir der Haut leicht in Vertiefungen der Haut eindringt und einen Klebekontakt mit oberflächlichen Epithelzellen und Keratinozyten herstellt. Diesem kann man nach¬ helfen, indem man den Klebefilm fest auf die verdächtige Hautveränderung aufrubbelt und so den Kontakt herstellt. Denkbar sind auch funktionelle Haftfilme mit einem aktivierbaren Kontaktklebstoff.
Aktivierbare Zweikomponentenklebstoffe in Verbindung mit einem Haftklebe- band sind besonders bevorzugt. In diesem Fall kann nämlich die verdächtige Hautver¬ änderung mit einem flüssigen Aktivator bepinselt werden, der dann nach dem Auflegen die zweite Kleberkomponente auf dem Trägerband aktiviert. Auf diese Weise können so leicht Zellen aus den oberen Schichten der Haut gewonnen werden. Ein Zwei¬ komponentenkleber hat zudem den Vorteil, dass mit dem Aktivator auch ein bindendes Diagnostikum wie Antikörper oder ein ungiftiger Reaktivfarbstoff für die klassische Melanomzytologie auf die Haut aufgebracht werden kann. Es ist auch denkbar die Färbe- und die Immunchemie direkt auf der Haut auszuführen, z.B. beim Auftragen
oder Bepinseln mit dem Aktivator, und gefärbte bzw. markierte Epithelzellen dann durch Ab- und Ausriss aus der Haut für eine Schnellzytologie auf den Haftklebefilm zu übertragen. Denkbar ist auch, die Färbeschritte und die Immundiagnostik für die Zyto¬ logie in den einzelnen Stufen für den Abriss der Zellen zu integrieren, d.h., zum Teil auf der Haut und zum Teil nach Abriss der Zellen auf dem Haftklebefilm vorzunehmen. Zur Zeit ist der Einfachheit halber die Färbung bzw. die Immunzytologie auf dem Haftfilm bevorzugt.
Bei einem Einkomponentenkleber liegt der Klebstoff bevorzugt in einer Menge von 5 bis 80 g/m2, bevorzugt 20 bis 60 g/m2 auf dem Trägerfilm vor. Dies gilt auch für licht- und wärmeaktivierbare Klebstoffe oder für Gewebeklebstoffe mit monomerer N- Butyl-2-cyanoacrylsäure. Wichtig ist, dass der Klebstoff sich so fest mit oberflächlichen Epithelzellen und Hautpartien verbindet, dass einzelne Zellen und Zellverbände beim Abziehen des Trägers von der Haut abgehen, d.h. an pathologischen Stellen, und dann für eine Zytologie zur Verfügung stehen. Selbstverständlich muss die Klebe- Verbindung zwischen Trägerfilm und Haut ohne weiteres und schmerzfrei durch Abreißen lösbar sein.
Die Klebebänder können durch verschiedene Verfahren hergestellt werden, z.B. durch Auftragen eines Klebstoffsystems in einem organischen Lösungsmittel oder Wasser; durch Auftrag in einem Heißschmelzverfahren, durch Coextrudieren, oder durch Auftrag als Feststoff und Härten unter Einsatz von UV-Strahlung, Elektronen¬ strahlung oder Wärme. Die letztere Technik kann insbesondere auch eingesetzt werden, um den Klebstoff nach Auflegen des Klebebandes auf die Haut endzuhärten, um eine besonders feste Verbindung zwischen Träger und zu untersuchenden Zellen zu erzielen. Derartige härtbare Klebstoffe sind daher besonders bevorzugt.
Die Erfindung stellt zudem einen Teile- und Reagenziensatz sowie ein Präpara¬ tionsverfahren bereit, die es ermöglichen, die mit dem Abrissstreifen gewonnenen einzelnen Epithelzellen aus der Haut zu charakterisieren. Zellkerne in Keratinozyten der Hautoberfläche sind nicht physiologisch. Sie sagen aus, dass eine Parakeratose vorliegt. Bei bestimmten, klinisch eindeutig zu diagnostizierenden Hautkrankheiten ist die Parakeratose ein typisches Krankheitszeichen, z.B. bei der Psoriasis vulgaris. Eine Parakeratose bei suspekten Hautveränderungen kann zum Beispiel stehen für Vorstufen des „weißen" Hautkrebses (aktinische Keratose, Morbus Bowen).
Die Erfindung erlaubt die Frühdiagnose von pathologischen kernhaltigen Epi- thelzellen und die Identifizierung von suspekten Pigmentmalen für eine weitere histo- logische und zytologische Untersuchungen.
Das maligne Melanom, das Basaliom und das spinozelluläre Karzinom können zudem leicht anhand typischer zytomorphologischer Merkmale differenziert werden. Melanome zeigen im Abrisspräparat große bis sehr große, rundlich bis kreisrunde Zellen. Nukleolen sind darin entweder nicht vorhanden oder deutlich vergrößert. Die Kerne sind groß, meist kreisrund bis einfach oval und oftmals mehrkernig. Beim Basaliom sind die Zellen im Abrisspräparat überwiegend homogen klein und oft oval. Nukeolen sind wenig sichtbar. Das Kernchromatin ist grob granulär bis schollig. Beim spinozellulären Karzinom sind die Zellen im Abrisspräparat rundoval bis polygonal und variabel groß. Nukleolen sind nur teilweise vorhanden. Das Kernchromatin ist über¬ wiegend grob verklumpt und viele Zellen mehrkernig.
Weitere Hautkrankheiten, die auf diese Weise diagnostiziert werden können, sind aktinische Keratosen, Morbus Bowen, oberflächliche Basaliome, atypische Pig- mentnaevi. Im letzteren Fall werden pigmentierte Epidermiszellen mit dem transpa- renten Klebestreifen abgenommen und man kann sie mit bloßem Auge auf dem trans¬ parenten Film gegen einen weißen Hintergrund als braune Flecke sehen. Unter dem Lichtmikroskop können dann die einzelnen Zellen bewertet werden.
Eine solche Charakterisierung der Zellen kann ohne Aufwand sofort erfolgen mit herkömmlichen Schnellfärbetechniken wie mit Methylenblau, Hemacolor® (Merck), May-Grünwald-Giemsa, Giemsa, Cytocolor® (Merck, zytologische Standard-Färbung nach Szczepanik). Man kann so sofort kernhaltige bzw. atypische Zellen von kernlosen normalen Hautzellen unterscheiden. Selbstverständlich können auch immunzytolo-
gische Färbeverfahren verwendet werden. Es liegt nahe, in die Klebesubstanz dia¬ gnostisch relevante Substanzen zu integrieren, z.B. Antikörper, HLA, Detektoren für Mediatoren (EGF, Leutotriene usw.). Auch können die Objektträger für den transpa¬ renten Haftklebefilm vorbereitet werden mit Substanzen, die in Kombination mit Stoffen auf dem Klebestreifen ein bio- oder anderes laborchemisch interpretierbares Ergebnis liefern, also ob z.B. eine Proliferation vorliegt, eine Entzündung oder ein Tumor¬ wachstum. Substanzen, die zusätzlich in den Kleber zur Erfassung der gesuchten Zellveränderungen integriert werden können, sind: Antikörper, bzw. Antigene für be¬ stimmte Komplexreaktionen, fluoreszierende Antigene und Substanzen, immunolo- gisch relevante Substanzen, Farbstoffe, gentechnisch hergestellte spezifische Antigene und andere Substanzen, färbetechnische Stoffe.
Das geschilderte Abrissverfahren ist in Verbindung mit den Schnellfärbe¬ techniken einfach und rasch vorzunehmen und damit in der täglichen Praxis beim Hautarzt und für Reihenuntersuchungen geeignet. Da mit einem Abriss von Epithel- zellen Kernmaterial auf den Haftklebefilm übergeht, kann auf dem Haftklebestreifen selbst nach Färben eine PCR (Polymerasekettenreaktion) mit DNA-Krebsmarkem er¬ folgen. Derartige Marker sind in der Literatur bekannt, und es kommen fast täglich neue hinzu. Selbstverständlich kann die PCR auch direkt am Haftklebefilm (ohne vorheriges Färben) erfolgen. Eine PCR mit Krebsmarkem wird aus Kostengründen zur Zeit immer dann erfolgen, wenn bereits ein erheblicher Verdacht auf ein malignes Melanom besteht. Allerdings ist die PCR-Technik stark automatisierbar, so dass sie bald in Konkurrenz zur klassischen Melanomzytologie treten wird, insbesondere, wenn die Zahl der Untersuchungsproben aufgrund des vorliegenden Verfahrens der Proben¬ gewinnung stark ansteigt. Ein weiterer Vorteil der automatisierbaren PCR-Technik mit Krebsmarkem ist die Eindeutigkeit des Befunds, was bei einer klassischen Zytologie nicht gegeben ist.
Die hier beschriebene Klebestreifendiagnostik eröffnet bereits die Möglichkeit, oberflächliche Hautzellen - Epithelzellen, Keratinozyten - zu differenzieren. Es können insbesondere auch kernhaltige Zellen so erfasst werden, dass eine Aussage über die Dignität eines Gewebes möglich wird.
Die Erfindung wird nun im Einzelnen an Beispielen und mit Bezug auf die nach¬ stehenden Abbildungen beschrieben. Die Beispiele dienen hierbei nur der Darstellung
und der Beschreibung der Erfindung und nicht zu deren Beschränkung auf die be¬ schriebenen Ausführungsformen. Der Schutzumfang der Erfindung ergibt sich vielmehr aus den anhängenden Ansprüchen und dazu vorhandenen Äquivalenten.
KURZE BESCHREIBUNG DER ABBILDUNGEN
Es zeigt:
Fig. 1 A eine Photographie einer verdächtigen Hautveränderung;
Fig. 1 B eine Photographie der verdächtigen Hautveränderung von Fig. 1 mit auflegtem Haftklebestreifen;
Fig. 2A eine Photographie eines Haufens verdächtig brauner Epithelzellen;
Fig. 2B eine Aufnahme (1 :1 ) des Abrisspräparats von Fig. 2A und der abge¬ rissenen braunen Epithelzellen gegen einen weißen Hintergrund;
Fig. 3A eine Photographie eines Melanozytärs auf einer Wange;
Fig. 3B Mikroskopaufnahme von dem Melanozytär in Fig. 3A auf einem Abrissprä- parat nach Färbung;
Fig. 4A Mikroskopaufnahme eines Abrisspräparats von einer gesunden Hautstelle (an einer Lippe) nach Färbung mit Methylenblau bei 50facher Vergröße¬ rung;
Fig. 4B Mikroskopaufnahme eines Abrisspräparats von einer aktinischen Keratose (an der verdächtigen Stelle der Lippe von Fig. 4A) nach Färbung mit
Methylenblau bei 50facher Vergrößerung;
Fig. 5A Mikroskopaufnahme eines Abrisspräparats von einem Melanom nach Färbung mit Methylenblau bei 100facher Vergrößerung;
Fig.5B Aufnahme der Zellen von Fig 5A bei 400facher Vergrößerung.
EINGEHENDE BESCHREIBUNG BEVORZUGTER AUSFÜHRUNGSFORMEN
Figur 1A zeigt eine verdächtige Hautveränderung, eine mögliche Präkanzerose. In Figur 2B ist ein klares Haftklebeband (klarer Tesafilm®) auf die verdächtige Haut- Veränderung aufgebracht. Damit man nach der Färbung den verdächtigen Bereich auf dem Haftklebeband unter dem Mikroskop findet, ist dieser hier noch von Hand mit einem Filzstift auf dem Film eingekreist worden. Der Haftklebefilm wird fest angepresst (aufgerubbelt) und von der Haut langsam abgerissen. Bei einer pathologischen Veränderung der Stelle werden dabei oberflächliche Hautzellen (Keratinozyten, Epithelzellen) mit abgerissen. Diese Zellen stehen einer näheren zytologischen Untersuchung offen. Bei gesunden Hautpartien werden so gut wie keine Hautzellen abgerissen. Auf dem Klebeband sind dann nur abgestorbenen Hautschuppen bzw. Keratinozyten ohne Kern zu finden. Die differentialdiagnostische Zytologie unter dem Mikroskop ergab in diesem Beispiel eine nicht einfach zu erkennende benigne lichenoide Keratose, welche nicht behandlungsbedürftig war, denn auf dem Klebeband war keinerlei Kernmaterial zu finden.
Figur 2A zeigt einen dunkelbraunen Zellhaufen aus Epithelzellen, ein soge¬ nanntes Pigmentmal. Figur 2B zeigt das Abrisspräparat nach Aufkleben auf ein weißes Baltt Papier. Es ist deutlich zu sehen, dass pigmentierte Epithelzellen beim Abriss auf das Klebeband übergegangen sind. Die nähere zytologische Untersuchung der übergegangen Zellen ergab, dass diese, ausgenommen der starken Pigmentierung, unauffällig waren.
Figur 3A zeigt eine auffällige Hautveränderung über ein größeres Areal und Figur 3B ein Methylenblau gefärbtes Abrisspräparat aus diesem Bereich. Es sind deutlich kernhaltige Epithelzellen mit Pigment zu erkennen. Vielleicht handelt es sich sogar um Pigmentzellen (Melanozyten) - die Form und Struktur der Zellen weicht etwas von normalen "lappigen" Epithelzellen ab. Sie sind eher rund. Die Pigmentzellen dürfen aber keinesfalls so weit an die Oberfläche rücken, dass sie bei der Abrissdiagnostik auf das Klebeband übergehen. Dort sind sie ein Signum mali ominis. Es muss also noch morphologische Klarheit und Sicherheit geschaffen werden.
Figuren 4A und 4B zeigen Abrisspräparate von einer normalen Stelle einer Unterlippe und einer suspekten Stelle der gleichen Unterlippe nach Schnellfärbung mit
Methylenblau. An der normalen Stelle (Fig. 4A) ist die Übergangsschleimhaut unauffällig, an der suspekten Stelle (Fig. 4B) liegt eine Dyskeratose vor. Dies erkennt man an den zahlreich vorhandenen Zellkernen im Abrisspräparat.
Figuren 5A und 5B zeigen ein Abrisspräparat von einem Melanom bei lOOfacher und 400facher Vergrößerung nach Färbung mit Methlyenblau. Es sind im Abrisspräparat große bis sehr große, rundlich bis kreisrunde Zellen zu finden. Die Nukleolen sind deutlich vergrößert.
Die Erfindung wurde hier an bevorzugten Ausführungsformen beschrieben, sie ist aber nicht auf diese beschränkt. Die Erfindung und deren Abwandlungen ergeben sich vielmehr aus den anhängenden Ansprüchen.