Feuchtigkeitsbeständige Schutzschicht
Gegenstand der vorliegenden Patentanmeldung ist ein piezokeramischer Vielschichtaktor mit einer feuchtigkeitsbeständigen Schutzschicht und ein Verfahren zu dessen Herstellung. Piezokeramische Vielschichtaktoren (Fig. 1 ) bestehen aus gestapelten dünnen Schichten piezoelektrisch aktiven Materials (2), z. B. Blei-Zirkonat-Titanat (PZT), mit dazwischen angeordneten leitfähigen Innenelektroden (7), die alternierend an die Aktoroberfläche geführt werden. Die Außenelektroden (3), (4) verbinden die Innenelektroden, wodurch die Innenelektroden elektrisch parallel geschaltet und zu zwei Gruppen zusammengefasst werden, welche die beiden Anschlusspole des Aktors darstellen. Legt man eine elektrische Spannung an die Anschlusspole, so wird diese auf alle Innenelektroden parallel übertragen und verursacht ein elektrisches Feld in allen Schichten aktiven Materials, das sich dadurch mechanisch verformt. Die Summe aller dieser mechanischen Verformungen steht an den Endflächen des Aktors als nutzbare Dehnung (6) und/oder Kraft zur Verfügung.
Ein derartiger Schichtaufbau wird üblicherweise nach dem Cofiring-Verfahren hergestellt. Das aktive Material wird dabei vor dem Sintern als sogenannte Grün- Folie durch ein Siebdruckverfahren mittels Edelmetallpaste mit Innenelektroden versehen, zu Aktorstapeln verpresst, pyrolysiert und dann gesintert, wodurch der monolithische Aktor entsteht.
Die Oberflächen des Aktorkörpers werden danach durch ein formgebendes Verfahren, im Allgemeinen durch Schleifen bearbeitet. Auf den Aktor (1 ) wird im Bereich der herausgeführten Innenelektroden (7) eine Grundmetallisierung (3), z. B. durch galvanische Verfahren oder durch Siebdruck einer Metallpaste, aufgebracht. Diese Grundmetallisierung wird durch das Aufbringen eines metallischen Werkstoffes (4), z. B. durch Anlöten eines Drahtgeflechtes, verstärkt. An diese verstärkte Schicht wird der elektrische Anschlussdraht (5) gelötet.
Der Aufbau und die Herstellung derartiger Aktoren und Außenelektroden wird z. B. in den Druckschriften DE 33 30538 A1 , DE 40 36 287 C2, US 5 281 885, US 4 845 399, US 5 406 164 und JP 07-226541 A ausführlich beschrieben.
An den Seitenflächen des Aktors, die nicht mit einer Metallisierung versehen werden, treten alle Elektroden an die Bauteiloberfläche. Die elektrische Feldstärke ist dort genauso hoch wie im Bauteilinneren und beträgt mehrere tausend Volt pro Millimeter.
Polare Moleküle aus der Umgebung des Aktors, die in die Nähe der Oberfläche geraten, beispielsweise Wasserdampf, werden in diesem elektrischen Feld polarisiert, ausgerichtet und an die Oberfläche gezogen. Dort werden sie an der Keramikoberfläche adsorbiert und führen durch verschiedene elektrochemische Reaktionen dazu, dass zwischen den an die Oberfläche tretenden Elektroden ein Strom fließt. Die elektrochemischen Reaktionen finden direkt an der Keramikoberfläche aber nach einigen Minuten auch entlang der oberflächennahen Korngrenzen statt. Einige dieser elektrochemischen Reaktionen sind zudem irreversibel und führen zur Degradation und schlimmstenfalls zum Ausfall des Aktors. Die Art dieser elektrochemischen Reaktionen ist nicht endgültig geklärt, jedoch scheinen die elektrochemische Wasserzersetzung und eine lonenmigration an der Aktoroberfläche und entlang hydratisierter Korngrenzen eine dominante Rolle zu spielen.
Piezokeramische Aktoren reagieren deshalb aus den genannten Gründen sehr empfindlich auf Umgebungsfeuchtigkeit, und können in feuchter Umgebung nur im Pulsbetrieb, damit in den Pulspausen die Feuchtigkeit wieder desorbiert werden kann, oder mit ausreichend hoher Frequenz betrieben werden. Aktoren werden grundsätzlich mit einer Isolierschicht überzogen, um elektrische Überschläge an der Aktor-Oberfläche zu verhindern. Diese Überzüge sind meist ungefüllte oder gefüllte Polymere und sind für Wasserdampf gut bis sehr gut durchlässig. Es ist keine polymere Beschichtung bekannt, die das Leckstromproblem lösen könnte.
Bisherige Möglichkeiten dem Problem entgegenzuwirken haben keine zufriedenstellenden Ergebnisse erzielt. Beispielsweise können die Innen- Elektroden etwas ins Innere des Aktors zurückgezogen werden, so dass an der Aktoroberfläche eine geschlossene Keramikschicht entsteht (vergrabene Elektroden, z.B. US2008048528). Jedoch muss die geschlossene Keramikschicht aufgrund von Fertigungstoleranzen mindestens etwa 0,2 mm dick sein. Im Betrieb wird sie passiv gedehnt und bekommt unvermeidlich Risse, wodurch sie ihre Schutzwirkung verliert.
Andererseits können Aktor-Teilstücke mit vergrabenen Elektroden anfertigt werden, die eine Höhe von nur etwa 2 mm haben. Da sich in einem derart kurzen Teilstück beim Betrieb des Aktors nicht genug mechanische Zugspannung aufbauen kann, bekommen die Teilstücke theoretisch keine Risse (z. B. JP 8- 236828).. Die Rissfreiheit ist allerdings nur theoretisch (statistisch) gewährleistet. Untersucht man derartige Aktoren, so findet man durchaus einen hohen Anteil von Aktoren die trotzdem feuchteempfindlich sind.
Um die Toleranzprobleme der vergrabenen Elektroden zu umgehen kann man auf die Aktoroberfläche eine ungesinterte Piezokeramik-Folie auflaminieren und anschließend sintern (z. B. DE10021919). Auch kann man eine Schicht aus Piezokeramik-Paste z.B. mittels Schablonendruck aufbringen und sintern. In beiden Fällen besteht statistisch gesehen ebenfalls die Gefahr der Rissbildung in der Beschichtung durch den Betrieb des Aktors.
Alle Aktoren, die mit gesinterten Keramik Schutzschichten versehen sind können deshalb nicht mit der ihnen möglichen vollen Leistung betrieben werden. Es muss darauf geachtet werden, dass die Schutzschicht im Betrieb rissfrei bleibt. Bei sehr dünnen piezokeramischen Schutzschichten treten außerdem die Folgen der elektrochemischen Reaktionen von Feuchtigkeit entlang der Korngrenzen in den Vordergrund. Je dünner die Schicht ist, desto deutlicher sind die auftretenden Reaktionen. Selbst bei einer relativ dicken Keramikschicht von 0,2 mm lassen sich diese Reaktionen als Leckstrom nachweisen.
Die einzige derzeit bekannte und wirksame Methode ist die Verkapselung der Aktoren in ein hermetisch dichtes Metallgehäuse, wobei dafür gesorgt werden muss, dass adsorbierte Feuchtigkeit innerhalb des Gehäuses durch ein geeignetes Füllmedium chemisch zersetzt wird (US2014368086). Nachteilig sind dabei der nicht unbeträchtliche zusätzliche Aufwand bei der Herstellung, die erhöhten Kosten und der deutlich vergrößerte Bauraum der Aktoren.
Daraus ergab sich die Aufgabe der vorliegenden Erfindung einen Vielschichtaktor mit einer feuchtigkeitsbeständigen Schutzschicht bereitzustellen, der relativ einfach gefertigt werden kann, kostengünstig zu produzieren ist und einen geringstmöglichen Bauraum aufweist. Zudem soll der Aktor im Betrieb möglichst geringe Leckströme zeigen. Die Aufgabe wird durch die erfindungsgemäßen Vielschichtaktor nach Anspruch 1 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind in den Unteransprüchen beschrieben.
Erfindungsgemäß wird eine mittels eines Luftstromabscheideverfahrens, besonders bevorzugt mittels eines ADM-Verfahrens erzeugte Schicht auf der Aktoroberfläche als Schutzschicht vor Feuchtigkeit (Fig. 2) verwendet.
Die Schutzschicht ist bevorzugt eine Keramikschicht, wobei die Keramik bevorzugt ausgewählt sein kann aus Piezokeramik, Aluminiumoxid, Zirkonoxid, oder Titanoxid oder anderen anorganischen Stoffen. Beim ADM-Verfahren (Aerosol Deposition Method oder auch RTIC = Room Temperature Impact Consolidation) werden Partikel in einem Gasstrom auf Überschallgeschwindigkeit beschleunigt und auf und auf der Aktoroberfläche abgeschieden. Dabei erfolgt neben einer plastischen Verformung auch ein Aufbrechen der Partikel in Nanometer große Bruchstücke, die sich zu einer dichten und gut haftenden Schicht anordnen. Das gesamte Verfahren findet bei Raumtemperatur statt. Die Temperaturen während des Aufbringens der Partikel beträgt <600°C, bevorzugt <300°C.
Die Schutzschicht besteht daher grundsätzlich aus (aufgebrochenen und miteinander verbundenen) Partikeln. Diese Partikelschicht kann mittels Tempern
nach dem Aufbringen nachbehandelt werden, insbesondere bei Temperaturen <800°C, bevorzugt <600°C besonders bevorzugt 300°C
Die Schichtdicken der so erzeugten Schichten können im Bereich zwischen 1 - 100 μιτι liegen, wobei der Bereich von 5 - 30 μιτι besonders bevorzugt ist. Mittels ADM erzeugte Schichten sind sehr dicht (relative Dichte >95% bevorzugt >98%), porenfrei und enthalten keine „Korngrenzen" wie sie durch Sintervorgänge entstehen. Elektrochemische Leitvorgänge wie sie in einer gesinterten Keramik auftreten finden nicht statt. Die Schichten können aufgrund ihrer hohen Dichte bei ausreichender Schutzwirkung sehr dünn sein und bleiben damit beim Betrieb des Aktors rissfrei.
Die vor Feuchtigkeit schützende Schutzschicht des piezokeramischen Vielschichtaktors besteht nach einer bevorzugten Ausführungsform aus Partikeln, bevorzugt Keramikpartikeln
In einer bevorzugten Ausführungsform wird die Schutzschicht aus Keramikpartikeln bevorzugt bei Temperaturen <600°C, bevorzugt <300°C aufgebracht und bei Temperaturen <800°C, bevorzugt <600°C besonders bevorzugt 300°C nachbehandelt.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform wird die Schutzschicht aus Keramikpartikeln mittels Luftstromabscheideverfahrens, besonders bevorzugt mittels Aerosol Deposition aufgebracht.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform umgibt die Schutzschicht aus Keramikpartikeln den gesamten Aktor mit Ausnahme der Stirnseiten, wobei lediglich schutzschichtfreie Stellen zum Anlöten der Anschlussdrähte offen gehalten werden In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform bedeckt die Schutzschicht aus Keramikpartikeln lediglich die Seitenflächen des Aktors, die keine Außenelektrodenschicht tragen.
ln einer weiteren bevorzugten Ausführungsform leitet die Schutzschicht aus Keramikpartikeln den elektrischen Strom nicht.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform geht die Schutzschicht aus Keramikpartikeln keine chemischen Reaktionen mit Wasserdampf ein. In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform besteht die Schutzschicht aus Piezokeramik-Partikeln, Aluminiumoxid-Partikeln, Zirkonoxid-Partikeln oder Titanoxid-Partikeln.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform weist die Schutzschicht eine Schichtdicke von 5 - 100 μιτι, besonders bevorzugt ist der Bereich von 10 - 30 μιτι auf.
Die Erfindung umfasst auch ein Verfahren zur Herstellung eines piezokeramischen Vielschichtaktors wobei die vor Feuchtigkeit schützende Schutzschicht mittels Luftstromabscheideverfahrens, besonders bevorzugt mittels Aerosol Deposition aufgebracht wird. Beispiele:
Es wurden die Keramikkörper für monolithische, piezokeramische Vielschichtaktoren mit den Abmessungen 7 x 7 x 30 mm3 hergestellt und mit Außenelektrodenstreifen versehen.
Vergleichsbeispiel 1 Die Aktoren wurden mit einem nicht-wässrigen Medium gewaschen, getrocknet und mit einem Silikonlack (conformal coating) zur Isolation überzogen.
Vergleichsbeispiel 2:
Die Aktoren wurden mit entmineralisiertem Wasser gewaschen, getrocknet, und mit einem Silikonlack (conformal coating) zur Isolation überzogen. Beispiel 3:
Die Aktoren wurden mit einer ADM-Schicht aus Piezokeramik überzogen. (SP505, Schichtstärke 10 μηη)
Beispiel 4:
Die Aktoren wurden mit einer ADM-Schicht aus Piezokeramik überzogen. (SP505, Schichtstärke 30 μηη)
Beispiel 5:
Die Aktoren wurden mit einer ADM-Schicht aus Piezokeramik überzogen (SP53, Schichtstärke 20 μιτι).
Messung des Leckstromes: Die Aktoren, die nach den oben genannten Verfahrne hergestellt wurden, wurden an eine Spannung von 200 V (normale Betriebsspannung) angeschlossen und der Strom gemessen. Die Aktoren waren dabei einer Temperatur von 25 °C und einer Feuchtigkeit von 30% rF ausgesetzt.
Der Strom nimmt zunächst schnell ab (Lade und Polarisationsvorgänge), erreicht ein Minimum (Imin) und steigt danach rasch an (Eindringen von Feuchtigkeit in den Aktor). Als Maß für die Feuchtigkeitsbeständigkeit dient die Zeit bis der Strom zum ersten Mal den Wert von 1 μΑ überschreitet (ta).
Imin /nA ta /h
Vergleichsbeispiel 1 8 10
Vergleichsbeispiel 2 35 0,5
Beispiel 3 6 28
Beispiel 4 15 > 2000
Beispiel 5 2 > 2000
Aus den Ergebnissen geht hervor, dass die Beschichtung mit einer ausreichend dichten und dicken ADM-Schicht eine hervorragende Schutzwirkung gegen Feuchtigkeit erzielt werden kann, insbesondere im Vergleich zu aus dem Stand der Technik bekannten Silikonlacken.