Beschreibung
Verfahren und Vorrichtung zum sicheren Betrieb eines Schaltgerätes
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum sicheren Betrieb eines Schaltgerätes gemäß dem Oberbegriff des An¬ spruchs 1 sowie eine entsprechende Vorrichtung gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 4.
Mit Schaltgeräten, insbesondere Niederspannungsschaltgeräten, lassen sich die Strombahnen zwischen einer elektrischen Versorgungseinrichtung und Verbrauchern und damit deren Betriebsströme schalten. Das heißt, indem vom Schaltgerät Strombahnen geöffnet und geschlossen werden, lassen sich die angeschlossenen Verbraucher sicher ein- und ausschalten.
Ein elektrisches Niederspannungsschaltgerät, wie beispiels¬ weise ein Schütz, ein Leistungsschalter oder ein Kompaktstar- ter, weist zum Schalten der Strombahnen einen oder mehrere so genannte Hauptkontakte auf, die von einem oder auch mehreren Steuermagneten gesteuert werden können. Prinzipiell bestehen die Hauptkontakte dabei aus einer beweglichen Kontaktbrücke und festen Kontaktstücken, an die der Verbraucher und die Versorgungseinrichtung angeschlossen sind. Zum Schließen und Öffnen der Hauptkontakte wird ein entsprechendes Ein- oder Ausschaltsignal an die Steuermagnete gegeben, woraufhin diese mit ihrem Anker so auf die beweglichen Kontaktbrücken einwirken, dass die Kontaktbrücken eine Relativbewegung in Bezug auf die festen Kontaktstücke vollziehen und entweder die zu schaltende Strombahnen schließen oder öffnen.
Zur besseren Kontaktierung zwischen den Kontaktstücken und den Kontaktbrücken sind an Stellen, an denen beide aufeinan- der treffen, entsprechend ausgebildete Kontaktflächen vorge¬ sehen. Diese Kontaktflächen bestehen aus Materialien, wie beispielsweise Silberlegierungen, die an diesen Stellen so-
wohl auf die Kontaktbrücke als auch die Kontaktstücke aufge¬ bracht sind und eine bestimmte Dicke aufweisen.
Die Materialien der Kontaktflächen sind bei jedem der Schalt- Vorgänge einem Verschleiß unterworfen. Faktoren, die diesen Verschleiß beeinflussen können, sind:
■ zunehmender Kontaktabbrand oder Kontaktabrieb mit stei¬ gender Anzahl von Ein- und Ausschaltvorgängen,
■ zunehmende Verformungen,
■ zunehmende Kontaktkorrosion durch Lichtbogeneinwirkung oder
■ Umwelteinflüsse, wie beispielsweise Dämpfe oder Schweb¬ stoffe usw..
Als Folge davon werden die Betriebsströme nicht mehr sicher geschaltet, was zu Stromunterbrechungen, Kontaktaufheizungen oder zu Kontaktverschweißungen führen kann.
So wird sich insbesondere mit zunehmendem Kontaktabbrand die Dicke der an den Kontaktflächen aufgebrachten Materialien verringern. Damit wird der Schaltweg zwischen den Kontaktflä¬ chen der Kontaktbrücke und der Kontaktstücke länger, was letztendlich die Kontaktkraft beim Schließen verringert. Als Folge davon werden mit zunehmender Anzahl von Schaltvorgängen die Kontakte nicht mehr richtig schließen. Durch die daraus resultierenden Stromunterbrechungen oder aber auch durch ein verstärktes Einschaltprellen kann es dann zu einer Kontaktaufheizung und damit zu einem zunehmenden Aufschmelzen des Kontaktmaterials kommen, was dann wiederum zu einem Verschweißen der Kontaktflächen der Hauptkontakte führen kann.
Ist ein Hauptkontakt des Schaltgerätes verschlissen oder so¬ gar verschweißt, kann das Schaltgerät den Verbraucher nicht mehr sicher ausschalten. So wird gerade bei einem verschweiß-
ten Kontakt trotz des Ausschaltsignals zumindest die Strom¬ bahn mit dem verschweißten Hauptkontakt weiter ström- beziehungsweise spannungsführend bleiben, und damit der Verbrau¬ cher nicht vollständig von der Versorgungseinrichtung ge- trennt. Da somit der Verbraucher in einem nicht sicheren Zustand verbleibt, stellt das Schaltgerät eine potentielle Feh¬ lerquelle dar.
Dadurch kann beispielsweise bei Kompaktstartern nach der IEC 60 947-6-2, bei denen ein zusätzlicher Schutzmechanismus auf die selben Hauptkontakte wirkt wie der Steuermagnet beim betriebsmäßigen Schalten, die Schutzfunktion blockiert werden.
Zum sicheren Betrieb von Schaltgeräten und damit zum Schutz des Verbrauchers und der elektrischen Anlage sind deshalb solche Fehlerquellen zu vermeiden.
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, solche potentiel- len Fehlerquellen zu erkennen und entsprechend darauf zu rea¬ gieren.
Diese Aufgabe wird gelöst durch das Verfahren mit den Merkma¬ len des Anspruchs 1 sowie durch die Vorrichtung mit den Merk- malen des Anspruchs 4. In den Ansprüchen 7 und 8 ist ein geeignetes Schaltgerät angegeben. In den Unteransprüchen 2, 3, 5, 6 und 9 sind vorteilhafte Weiterentwicklungen des Verfah¬ rens bzw. der Vorrichtungen enthalten.
Die vorliegende Erfindung ermöglicht mit geringem Aufwand ei¬ ne Kontaktverschweißung beim Ausschalten und damit einen nicht mehr sicheren Betrieb des Schaltgerätes zu erkennen. Im Falle des Erkennens einer Kontaktverschweißung bricht das vom Freigabemittel freigegebene Kraftelement die betreffende Kon- taktverschweißung auf.
Erfindungsgemäß ist dazu ein Freigabemittel für ein Kraftele¬ ment zum Aufbrechen der Hauptkontakte vorgesehen, welches in
einem ersten Zustand verbleibt, solange die Hauptkontakte beim Einschalten geschlossen und beim Ausschalten geöffnet werden, und welches in einen zweiten Zustand übergeführt wird, wenn nach dem Ausschalten zumindest einer der Hauptkon- takte verschweißt ist.
So kann insbesondere bei Vorliegen des zweiten Zustands auch nach dem Ausschalten der weitere Betrieb des Schaltgerätes unterbrochen werden. Zusätzlich oder alternativ können ent- sprechende Warnsignale erzeugt werden, die den nicht sicheren Betrieb des Schaltgerätes anzeigen.
Somit ist mit dem erfindungsgemäßen Verfahren und der erfindungsgemäßen Vorrichtung der sichere Betrieb eines mehrpoli- gen Schaltgerätes, wie zum Beispiel eines Schützes, eines
Leistungsschalters oder eines Kompaktabzweigs, und insbeson¬ dere der sichere Betrieb eines dreipoligen Schaltgerätes ge¬ währleistet .
Weitere vorteilhafte Ausführungen und bevorzugte Weiterbil¬ dungen der Erfindung sind den Unteransprüchen zu entnehmen.
Die Erfindung sowie vorteilhafte Ausführungen derselben werden im Weiteren anhand der nachfolgenden Figuren näher be- schrieben. Es zeigen:
FIG 1 ein vereinfachtes Flussdiagramm des erfindungsgemä¬ ßen Verfahren,
FIG 2 eine erste Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung mit einem verschweißten Hauptkontakt und
FIG 3 eine zweite Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung mit einem verschweißten Hauptkontakt.
Wie in FIG 1 dargestellt werden bei dem erfindungsgemäßen Verfahren im Wesentlichen die beiden folgenden Schritte durchgeführt :
Schritt a) Verbleiben eines Freigabemittels für ein Kraftele¬ ment zum Aufbrechen der Hauptkontakte in einem ersten Zustand, solange die Hauptkontakte beim Einschalten geschlossen und beim Ausschalten ge- öffnet werden, und
Schritt b) Überführen des Freigabemittels in einen zweiten
Zustand, wenn nach dem Ausschalten zumindest einer der Hauptkontakte verschweißt ist.
So wird insbesondere nach dem betriebsmäßigen Ausschalten bei einem dreipoligen Schaltgerät mit drei Hauptkontakten zum Schalten von drei Strombahnen überprüft, ob alle Hauptkontakte geöffnet sind. Sind die Kontakte eines Hauptkontaktes ver- schweißt, so wird das Aufbrechen des betreffenden Hauptkontakts veranlasst.
Erfindungsgemäß ist ein Freigabemittel für ein Kraftelement zum Aufbrechen der Hauptkontakte vorgesehen, welches in einem ersten Zustand verbleibt, solange die Hauptkontakte beim Ein¬ schalten geschlossen und beim Ausschalten geöffnet werden. Das Freigabemittel wird einem zweiten Zustand übergeführt, wenn nach dem Ausschalten zumindest einer der Hauptkontakte verschweißt ist, das heißt, dass das Freigabemittel in diesem zweiten Zustand das Kraftelement freigibt. Es sind mechani¬ sche Mittel zum Überführen des Freigabemittels in den zweiten Zustand vorgesehen, welche mit den Kontaktbrücken und mit dem Freigabemittel in einer Wirkverbindung stehen. Das Freigabemittel kann dabei den weiteren Betrieb des Schaltgerätes un- terbrechen, wenn nach dem Ausschalten das Freigabemittel in den zweiten Zustand übergegangen ist.
Am Beispiel eines dreipoligen Schalterschützes werden im Fol¬ genden verschiedene Ausführungsformen der erfindungsgemäßen Vorrichtung näher beschrieben.
FIG 2 zeigt schematisch den Aufbau eines Schaltgerätes, bei der das erfindungsgemäße Verfahren und die erfindungsgemäße
Vorrichtung zum Einsatz kommen. Ein Steuermagnet 2, der als elektromagnetischer Antrieb für die Hauptkontakte 1 dient, kann über die Klemmen Al und A2 zum Ein- und Ausschalten mit Strom versorgt werden. Beim Einschalten wird üblicherweise eine Erregerspule 19 des Steuermagneten 2 erregt, beim Aus¬ schalten dagegen entregt. Im Beispiel der FIG 2 ist der Steu¬ ermagnet 2 entregt. Das Schaltgerät befindet sich somit im ausgeschalteten Zustand. Die Hauptkontakte 1 werden dabei durch die von einer Rückstellfeder 29 des elektromagnetischen Antriebs 2 auf die Kontaktbrücken einwirkende Kraft geöffnet, und damit die Verbraucher von der Versorgungseinrichtung, hier durch die drei Polbahnen L1-L3 gekennzeichnet, getrennt.
Gemäß der gezeigten FIG 2 wirkt beim Ausschalten ein Anker 12 des Steuermagneten 2 über einen Winkelhebel 7, einen Betätigungsschieber 6 und einen großen Schwenkhebel 5 sowie einen kleinen Schwenkhebel 4 auf die Kontaktschieber 3. Der große Schwenkhebel 5 betätigt mit seinem gezeigten rechten Hebelarm den zur Polbahn L3 gehörenden Kontaktschieber 3. Im linken Hebelarm des großen Schwenkhebels 5 ist mittig der kleine
Schwenkhebel 4 in einem Drehpunkt 23 gelenkig gelagert. Der linke Hebelarm des kleinen Schwenkhebels 4 betätigt dabei den Kontaktschieber 3 der linken Polbahn Ll und der rechte Hebelarm des kleinen Schwenkhebels 4 den Kontaktschieber 3 der mittleren Polbahn L2. Der große Schwenkhebel 5 ist in einem zwischen den Hebelarmen angeordneten weiteren Drehpunkt 24 im unteren Teil des Betätigungsschiebers 6 gelagert. Über gerä- teseitig feststehende Lager, über Drehpunkte 23, 24 und Schwenkhebel 4, 5 ist somit ein Ausgleich der jeweiligen Be- tätigungsbewegungen der KontaktSchieber 3 möglich.
Im Beispiel der FIG 2 ist des Weiteren ein Fehlerfall darge¬ stellt. Hier ist zumindest ein Hauptkontakt 1, im vorliegen¬ den Fall der Kontakt 1' und 1' ' der Polbahn L3, verschweißt. Die anderen beiden Hauptkontakte 1 der Polbahnen Ll und L2 haben sich dagegen nach dem Ausschalten geöffnet. Da die Kontaktstelle 1 der Polbahn L3 verschweißt ist, ist der Kontakt¬ schieber 3 der Polbahn L3 blockiert. Sowohl der kleine
Schwenkhebel 4 als auch der große Schwenkhebel 5 schwenken nun aber so, dass dennoch zumindest die Kontaktstellen der Polbahnen Ll und L2 geöffnet werden.
Gemäß der Erfindung führen nun mechanische Mittel 3-5, 16, 17 das Freigabemittel S in den zweiten Zustand über, wobei die mechanischen Mittel 3-4, 16, 17 mit den Kontaktbrücken und mit dem Freigabemittel S in einer Wirkverbindung stehen. Das Freigabemittel S, hier im Beispiel der FIG 2 als Sperrschie- ber realisiert, steht über eine Verbindungslasche 17 und über eine Ausgleichsplatte 16 mit einem weiteren oberen Hebelarm des großen Schwenkhebels 5 sowie mit dem kleinen Schwenkhebel 4 und mit den Kontaktschiebern 3 in einer mechanischen Wirkverbindung. Der weitere obere Hebelarm des großen Schwenkhe- bels 5 ist mittels eines Bolzens 25 in einem Langloch 15 in der Ausgleichsplatte 16 so geführt, dass der Bolzen 25 im Langloch 15 anschlägt, wenn einer Hauptkontakte 1 verschweißt ist, so dass die beiden Schwenkhebel 4, 5 eine Ausgleichs¬ schwenkung zueinander ausführen können. Die durch die Aus- gleichsschwenkung bewirkte Kraft wird über den Anschlag auf die Ausgleichsplatte 16 übertragen, die ihrerseits durch eine Ausgleichsbewegung die Verbindungslasche 17 verschiebt. Schließlich betätigt die Verbindungslasche 17 das Freigabe¬ mittel S bzw. den Sperrschieber. Der Sperrschieber S gibt da- durch ein Kraftelement 10, wie z.B. den in der FIG 2 gezeig¬ ten Federspeicher 10, frei. Der Federspeicher 10 wirkt über einen eines Stößels 8 auf die Oberseite des Betätigungsschie¬ bers 6 mit einer entsprechenden Kraft F. Ein Teil dieser Kraft wirkt dann als Aufbrechkraft FA auf den Kontaktschieber 3 des verschweißten Hauptkontakts 1. Die Ausgleichsbewegung des oberen Schenkels des großen Schwenkhebels 5 nach oben wird dann durch den Bolzen 25 im Langloch 15 beschränkt. Der Bolzen 25 wirkt für den großen Schwenkhebel 5 dort als Dreh¬ momentenstütze.
Im gezeigten Fehlerfall wird der Federspeicher 10 dadurch freigegeben, dass ein Sperrzahn 13 des Sperrschiebers S aus einem Rückhaltesteg 14 des Stößels 8 ausrückt. Im ordnungsge-
mäßen Betrieb, bei dem sich das Freigabemittel S im ersten Zustand befindet, ist somit der Federspeicher 10, welche als Zylinderfeder beispielhaft realisiert ist, vorgespannt.
In der FIG 2 ist gerade der Zustand des Schaltgeräts darge¬ stellt, bei dem der Federspeicher 10 ausgelöst hat und gerade noch nicht die verschweißten Kontakte 1, 1" des Hauptkontakts 1 der rechten Strombahn L3 aufgetrennt hat.
Zur Unterbindung des weiteren Betriebs sind dann entsprechende Maßnahmen, wie beispielsweise die Blockierung der weiteren Ansteuerung des Steuermagneten 2 oder das Entklinken eines entsprechend starken Kraftspeichers 10 zum Aufbrechen des verschweißten Kontakts l',l'' durchzuführen. Idealerweise sollte in einem solchen Fehlerfall der weitere Betrieb des Schaltgerätes bis zu einer Rücksetzung durch den Anwender blockiert werden.
Gemäß der Erfindung kann das Freigabemittel S den weiteren Betrieb des Schaltgerätes unterbrechen, wenn nach dem Aus¬ schalten das Freigabemittel S, wie gezeigt, in den zweiten Zustand übergegangen ist. Im Beispiel der vorliegenden FIG 2 ist dabei die vom Kraftelement 10 auf den Betätigungsschieber 6 wirkende Kraft F so groß, dass der Steuermagnet 2 diese beim Einschalten nicht überwinden kann. Die Hauptkontakte 1 bleiben weiterhin geöffnet.
Alternativ oder zusätzlich kann das Freigabemittel S oder eine mit diesem in Wirkverbindung stehende Komponente einen elektrischen Schalter U betätigen. Über diesen Kontakt U kann ein Meldesignal ausgegeben werden. Die elektrischen Anschlüsse 27, 28 können aber auch in Reihe zur Stromversorgung der Erregerspule 29 des Steuermagneten 2 geschaltet sein, so dass nach Übergang des Freigabemittels S in den zweiten Zustand die Stromversorgung durch den elektrischen Schalter U bei einem Einschaltversuch unterbrochen bleibt. Die Hauptkontakte 1 bleiben weiterhin geöffnet.
FIG 3 zeigt eine zweite Ausführungsform der erfindungsgemäßen Vorrichtung mit einem verschweißten Hauptkontakt 1. FIG 3 zeigt dabei eine Abwandlung der in FIG 2 dargestellten Ausführungsform. Im Unterschied zu FIG 2 stützen sich die Kontaktlastfedern 11 nicht an einem Gehäuse des Schaltgerätes, sondern im Kontaktschieber 3 selbst. Dazu sind die drei Kontaktschieber 3 mittels Lager und Bolzen 23, 24 und 30 mit den Schwenkhebeln 4, 5 gelenkig verbunden.