Neue Gene aus Biosynthese Genclustern zur Synthese von Aminoglycosid-Antibiotika sowie damit herstellbare neue Aminoglycosid-Antibiotika
Gebiet der Erfindung.
Die Erfindung betrifft neue Gene aus Aminoglycosid- produzierenden Mikroorganismen, neue Gencluster, welche aus neuen und/oder bekannten Genen dieser Mikroorganismen gebildet sind, Expressionsprodukte dieser Gene, Transformationsvehikel enthaltend solche Gene oder Gencluster, transformierte Zellen enthaltend solche Gene oder Genklus- ter, Verfahren zur biotechnologischen Herstellung von Ami- noglycosiden, Verfahren zur kombinatorischen Biosynthese von Arciinoglycosidderivaten, neue Aminoglycoside, Verwendungen solcher Aminoglycoside und pharmazeutische Zusammensetzungen enthaltend solche Aminoglycoside.
Hintergrund der Erfindung und Stand der Technik
Aminoglycosid-Antibiotika sind Substanzen, die durch Eingriff in die Proteinsynthese (Bindung an 30s Unterein- heiten der bakteriellen Ribosomen und Inhibierung der Translation oder Blockierung der Bildung von korrekten Peptidbindung zwischen Aminosäuren) auf grampositive und gramnegative Bakterien abtötend wirken. Beispielhaft für Zielbakterien seien insbesondere E. coli und Klebsieila genannt. Mittels Aminoglycosid-Antibiotika können auch multiresistente Erregerstämme erfasst werden, weshalb Aminoglycosid-Antibiotika insbesondere auch als Reserveantibiotika für Patienten mit lebensgefährlichen Infektionen
Verwendung- finden. Dies ist auch damit indiziert, dass Kreuzresistenzen zu anderen Antibiotikagruppen selten sind.
Bei biosynthetisierten Aminoglycosiden handelt es sich prinzipiell um Sekundär etabolite der für die Synthese eingesetzten Mikroorganismen. Die für die Synthese relevanten Enzyme bzw. Enzymgruppen werden von den Genen bzw. Genclustern der Mikroorganismen exprimiert. Die Kombina- tion solcher Gene bzw. Gencluster bestimmt letztendlich die spezifische Struktur des erzeugten Aminoglycosids . Durch unterscheidliche Kombination der Gene bzw. Gencluster in gentechnologisch modifizierten Mikroorganismen können diese neue Derivate der natürlicherweise hergestellten Aminoglycoside hergestellt werden. Durch Kombinatorik der Gene und/oder Gencluster können eine Vielzahl von unterschiedlichen Derivaten erzeugt werden, welche wiederum in Screeningverfahren auf Wirksamkeit, insbesondere erhöhte Wirksamkeit gegenüber bekannten Aminoglycosiden, und/oder reduzierte Nebenwirkungen, getestet werden können.
Hinsichtlich bekannter Aminoglycosid-Antibiotika werden zunehmend Resistenzen bekannt. Zur Bekämpfung von solchen resistenten Erregern ist es wünschenswert, neue Aminogly- cosid Derivate zu finden, welche gegen die resistenten Erreger wirksam sind.
Technisches Problem der Erfindung
Der Erfindung liegt daher das technische Problem zu Grunde, Mittel zur Schaffung von neuen Aminoglycosiden,
insbesondere mit verbesserter Wirkung und/oder verringerten Nebenwirkungen, zur Verfügung zu stellen.
Grundzüge der Erfindung und Ausführungsformen.
Zur Lösung dieses technischen Problems lehrt die Erfindung ein isoliertes Protein oder Peptid enthaltend, insbesondere bestehend aus, einer der offenbarten Aminosäurense- guenzen. Erfindungsgemäße Proteine oder Peptide können in einer Zelle zur Biosynthese exprimiert werden, es ist jedoch auch ein Import extern erzeugten Proteins oder Pep- tids in eine die Biosynthese ausführende Zelle möglich.
Das Protein oder Peptid ist vorzugsweise für einen Teilsyntheseschritt der Biosynthese eines Aminoglycosids, insbesondere eines Aminoglycosid-Antibiotikums, beispielsweise ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus "Butirosine, Gentamicine, Neomycine, Fortimicine, Tobramy- eine, Apramycine, Paromomycine, Hygromycine B, Ribostamy- cine, Sagamicine, Sisomicine, Kana ycine, Nebramycine, Seldo ycine, Destomycine, Istamycine, Sannamycine, Dac- ti icine, Sporaricine, Bluensomycine, Ashimycine, Livido- myeine und Spectino ycine" fun tional.
Die Erfindung betrifft weiterhin eine isolierte Nuklein- säure, insbesondere DNA, beispielsweise genomische DNA, oder RNA, insbesondere mRNA, codierend für ein erfindungs- gemäßes Protein oder Peptid.
Die Erfindung umfasst weiterhin ein isoliertes Transformationsvehikel , insbesondere Plasmid oder Cosmid, enthaltend eine erfindungsgemäße Nukleinsäure . Es kann eine Mehrzahl ,
insbesondere 1 bis 50, verscheidener erfindungsgemäßer Nukleinsäuren enthalten. Dabei wird es sich insbesondere empfehlen, wenn durch die Mehrzahl der Nukleinsäuren ein Biosynthesecluster oder ein Teil eines Biosyntheseclusters für ein Aminoglycosid, insbesondere ein Aminoglycosid- Antibiotikum, gebildet ist. Das Transformationsvehikel kann zusätzlich zumindest eine regulatorische Nuklein- säuresequenz enthalten, wobei die Nukleinsäure unter der Kontrolle der regulatorischen Nukleinsäureseguenz, insbe- sondere eines Promotors, steht. Selbstverständlich können ein oder mehrere regulatorische Sequenzen mit der Maßgabe eingerichtet sein, dass eine Mehrzahl von Nukleinsäuren, insbesondere ein Gencluster oder ein Teil eines Genclus- ters kontrolliert werden.
Die Erfindung betrifft weiterhin eine Zelle enthaltend eine e findungsgemäße Nukleinsäure oder mehrere verschiedene solcher Nukleinsäuren und/oder ein erfindungsgemäßes Protein oder Peptid oder mehrere verschiedene solcher- Proteine oder Peptide, wobei die Zelle optional mit einer erfindungsgemäßen Nukleinsäure oder mehreren verschiedenen solcher Nukleinsäuren transformiert sein kann. Hierbei kann eine gewünschte Derivatisierung eines natürlicherweise von der Zelle synthetisierten Aminoglyco- sids dadurch erreicht werden, dass in einem Aminoglycosid- synthese Gencluster der Zelle an Stelle oder zusätzlich zu einem natürlichen Gen für einen definierten Teilsyntheseschritt ein hiervon verschiedenes fremdes Gen für einen von dem definierten Teilsyntheseschritt verschiedenen an- dere definierten Teilsyntheseschritt eingeführt ist. Dies kann durch Konstruktion und Einführung des gesamten Amino- glycosidsynthese Genclusters oder Teilen hiervon erfolgen. Es wird gleichsam eine mutierte Biosynthese
maßgeschneidert nach Maßgabe der gewünschten Derivatis- ierung. Es ist möglich, ein natürlicherweise enthaltenes Gen codierend für ein Protein oder Peptid, welches für einen Teilsyntheseschritt der Biosynthese eines Aminogly- cosids, insbesondere eines Aminoglycosid-Antibiotikums, funktional ist, zu inhibieren, insbesondere zu deletieren. Dies kann auch für mehrere natürlicherweise enthaltene solche Gene erfolgen.
Geeignete Zellen sind vorzugsweise ausgewählt aus der Gruppe bestehend aus "Bacillus circulans, insbesondere NRRL B3312, Micromonospora echinosporea, insbesondere DSM 43036, Streptom. kana yceticus, insbesondere DSM 40500, Streptom. fradiae, insbesondere DSM 2458, Micromonospora olicasterspora, insbesondere DSM 43868, Streptom. tene- brarius, insbesondere DSM 40477, Streptom. rimosus ssp. paromomycinus , insbesondere ATCC 2455, Streprom. hygro- scopicus ssp. hygroscopicus, insbesondere DSM 40578, Streprom. ribosidificus, insbesondere ATCC 21294, Micromonospora spec . , insbesondere DSM 43912, Micromonospora inyoensis, insbesondere NRRL 3292, Streptoal- loteichus hindustanus, insbesondere DSM 44523, Streptom. hofunensis sp . nov, Streptom. rimofaciens, insbesondere ATCC 21066, Streptom. ten imariensis, insbesondere ATCC 31603, Streptom. sannaensis, insbesondere IFO 14239, Dac- tylosporangium matsuzakiense, insbesondere DSM 43810, Sac- charopolyspora hirsuta, insbesondere ATCC 20501, Streptom. griseus N2-3-11, insbesondere ATCC 23345, Streptom. glaucescens GLA.O, insbesondere ETH 22794, Streptom. blu- ensis, insbesondere DSM 40564, Streptom. griseus FT3-4, Streptom. flavopersicus, insbesondere NRLL 2820 A In der Tabelle I sind die von diesen Stämmen herstellbaren Antibiotika zusammengefasst . Es versteht sich, dass eine
erfindungsgemäße Zelle eine mit einem erfindungsgemäßen Transformationsvehikel erzeugte Mutante der vorstehenden Stämme ist und dass das damit erzeugbare Antibiotikum derivatisiert ist. Die Erfindung u fasst auch Aminoglycoside, insbesondere Aminoglycosid-Antibiotika, welche dadurch erhältlich sind, dass eine erfindungsgemäße Zelle kultiviert wird, und dass nach Kultivierung das Aminoglycosid aus der Zelle und/oder aus dem Kultivierungsüberstand isoliert wird. Ein er- findungsgemäßes Aminoglycosid ist zur Herstellung einer pharmazeutischen Zusammensetzung zur Behandlung von bakteriellen oder viralen Infektionen, insbesondere von Infektionen mit gramnegativen Bakterien, beispielsweise mit E. coli oder Klebsiella, geeignet. Dabei kann die Biosyn- these dahingehend mutiert sein, dass das neue
Aminoglycosid-Antibiotikum eine verbesserte Wirksamkeit gegenüber bekannten Wirkstoffen aufweist. Es ist aber auch möglich, dass ein erfindungsgemäßes Aminαglycosid-Anti- biotikum "lediglich" als Ersatztherapie bei Resistenz gegen einen bekannten Wirkstoff Verwendung findet. Dann liegt der Vorteil darin, dass mittels des erfindungsgemäßen Wirkstoffes überhaupt erst wieder eine Therapie möglich ist. Besonders ünschenwert sind jedoch auch neue Aminoglycosid-Antibiotika mit reduzierten Nebenwirkungen.
Die Erfindung betrifft des Weiteren eine pharmazeutische Zusammensetzung enthaltend ein erfindungsgemäßes Aminoglycosid oder mehrere solcher Aminoglycoside in physiologisch wirksamer Dosis. Zusätzlich enthalten können sein ga- lenische Hilfs- und/oder Trägerstoffe. Die galenische Herrichtung einer erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzung kann in fachüblicher Weise erfolgen. Als Gegenionen für ionische Verbindungen kommen beispielsweise
Na+, K+, Li+ oder Cyclohexylammonium in Frage. Geeignete feste oder flüssige galenische Zubereitungsformen sind beispielsweise Granulate, Pulver, Dragees, Tabletten, (Mikro-) Kapseln, Suppositorien, Sirupe, Säfte, Suspen- sionen, Emulsionen, Tropfen oder Lösungen zur Injektion (i.V., i.p., i.m., s.c.) oder Vernebelung (Aerosole), transdermale Systeme, sowie Präparate mit protrahierter Wirkstoff-Freigabe, bei deren Herstellung übliche Hilfsmittel wie Trägerstoffe, Spreng-, Binde-, Überzugs-, Quellungs-, Gleit- oder Schmiermittel, Geschmacksstoffe, Süßungsmittel und Lösungsvermittler, Verwendung finden. Als Hilfsstoffe sei Magnesiumcarbonat, Titandioxid, Lac- tose, Mannit und andere Zucker, Talcum, Milcheiweiß, Gelatine, Stärke, Zellulose und ihre Derivate, tierische und pflanzliche Öle wie Lebertran, Sonnenblumen-, Erdnuss- oder Sesa öl, Polyethylenglycole und Lösungsmittel, wie etwa steriles Wasser und ein- oder mehrwertige Alkohole, beispielsweise Glycerin, genannt. Eine erfindungsgemäße pharmazeutische Zusammensetzung ist dadurch herstellbar, dass mindestens ein erfindungsgemäß verwendeter Wirkstoff in definierter Dosis mit einem pharmazeutisch geeigneten und physiologisch verträglichen Träger und ggf. weiteren geeigneten Wirk-, Zusatz- oder Hilfsstoffen mit definierter 'Inhibitordosis gemischt und zu der gewünschten Darreichungsform hergerichtet ist. Vorzugsweise ist eine erfindungsgemäße pharmazeutische Zusammensetzung galenisch hergerichtet zur oralen oder parenteralen Gabe.
Im folgenden wird die Erfindung durch ausführliche Beschreibung von besonderen Ausführungsformen erläutert.
In diesen Ausführungsformen können einzelne Merkmale der Erfindung allein oder in Kombination mit anderen Merkmalen verwirklicht sein. Die beschriebenen besonderen
Ausführungsformen dienen lediglich zur Erläuterung und zum besseren Verständnis der Erfindung und sind in keiner Weise einschränkend zu verstehen.
Beispiel 1: Butirosin Cluster Liste 1 beschreibt Aminosäuresequenzen des Butirosin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Beispiel 2: Gentamicin Cluster Liste 2 beschreibt Aminosäuresequenzen des Gentamicin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Beispiel 3 : Kanamycin Cluster Liste 3 beschreibt Aminosäuresequenzen des Kanamycin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Beispiel 4: Neomycin Cluster Liste 4 beschreibt Aminosäuresequenzen des Neumycin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Beispiel 5: Fortimicin Cluster Liste 5 beschreibt Aminosäuresequenzen des Fortimicin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Beispiel 6: Tobramycin/Apramycin Cluster Die Listen 6 und 12 beschreiben Aminosäuresequenzen des Tobramycin/Apramycin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Beispiel 7 : Paromomycin Cluster Listen 7 und 11 beschreiben Aminosäuresequenzen des Paromomycin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Beispiel 8: Hygromycin B Cluster Liste 8 beschreibt Aminosäuresequenzen des Hygromycin B Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funk- tionen der einzelnen Gene.
Beispiel 9: Ribostamycin Cluster Liste 9 beschreibt Aminosäuresequenzen des Ribostamycin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Beispiel 10: Lividomycin Cluster Liste 10 beschreibt Aminosäuresequenzen des Lividomycin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funk- tionen der einzelnen Gene.
Beispiel 11: Istamycin Cluster Liste 13 beschreibt Aminosäuresequenzen des Istamycin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Beispiel 12 : Apramycin Cluster Liste 14 beschreibt Aminosäuresequenzen des Apramycin Biosynthese Genclusters, einschließlich der Funktionen der einzelnen Gene.
Tabelle I
Produzentenstamm Stammnrmmer Produziertes A inoglykosid- Antibiotüaim
Bacillus (B.) circulans KRRL B3312 Butirosin Streptomyces (S.) ribosidificus ATCC 21294 Ribostamycin S.fradiae DSM 40063 Neomycin S. rimosus ssp. paromomycinus ATCC 2455 Paromomycin
Micromonospora (M.) DSM 43036 Gentamicin echinospora M. spec. DSM 43912 Sagamicin M. inyoensis NRRL 3292 Sisomicin
S. kanamyceticus DSM 40500 Kanamycrn S, tenebraήus DSM 40477 Apramycin/Nebramycin Streptoälloteichus hindustanus DSM 44523 Apramycin/Tobramycin S. hofunensis sp. nov. Seldorn cin
S. hygroscopicus ssp. DSM 4057S Hygromycin B hygroscopicus S. rimofaciens ATCC 21066 Destomycin
M. olivasterospora DSM 43868 Fortimicin A S. tenjimariensis ATCC 31603 Istamycin S. sannaensis IFO 14239 S-iiiαamycin Dactylosporangium matsuzakiense DSM 43810 Dactimicin Saccharopolyspora hirsuta ATCC 20501 Sporaricin
S. griseus N2-3-11 ATCC 23345 Streptomycin S. glaucescens GLA.O ETH 22794 Streptomycin S. bluensis DSM 40564 Bluensomyciα S. griseus FT3-4 Asrώiiycin S. flavopersicus NRRL 2820 Spectinornycin.