DaimlerChrysler AG
Verfahren und System zur Stabilisierung eines Kraftfahrzeuges, insbesondere eines Busses
Die Erfindung betrifft ein Verfahren und ein System zur Stabilisierung eines Kraftfahrzeuges, insbesondere eines Busses, durch Einwirken auf das Bremssystem.
Aktive und passive Sicherheitssysteme im Kraftfahrzeugbereich spielen eine immer größer werdende Rolle bei der Weiterentwicklung von Fahrzeugen. Die Erwartungen der Kunden erfordern sowohl Leistungsfähigkeit und Komfort, gerichtet auf eine zunehmende Sicherheit für die Fahrzeuginsassen.
Neben den passiven und aktiven Sicherheitssystemen, wie Air- bag, Aufprallschutz und Gurtstraffer, gewinnt mehr und mehr die aktive Fahrsicherheit mit ihren immer größer werdenden Möglichkeiten an Bedeutung. Ziel der Entwicklung ist dabei ein Kontrollsystem, das die momentane Fahrsituation schnell erfasst und sofort in eine etwaige kritische Lage aktiv eingreifen bzw. dem Fahrer ein entsprechendes Signal für eine manuelle Änderung der Fahrsituation liefern kann. Die ersten Schritte einer aktiven Fahrzeugkontrolle sind dabei bereits mit dem Antiblockiersystem ABS, der Antriebsschlupfregelung ASR oder dem Elektronischen Stabilitätsprogramm ESP gemacht worden.
Bekannt sind ferner Fahrdynamikregelsysteme mit selbsttätigen Bremseneingriffen, mit denen einem Über- oder Untersteuern entgegengewirkt wird, wobei diese Systeme unter der Abkürzung „ESP" auch in Serienfahrzeuge eingebaut werden. Mit diesen Systemen können einzelne Räder gezielt abgebremst oder freigegeben werden, um ein Ausbrechen des Fahrzeugs abzufangen und dieses in der Spur zu halten. Das Fahrzeug soll folglich durch Beeinflussung des Bremsdrucks an einzelnen Rädern im wesentlichen an einer Drehung um die Fahrzeughochachse gehindert werden. Einem Entgegenwirken eines Kippvorgangs, d.h. einer Drehung um die Rollachse des Fahrzeugs wird demnach nicht Rechnung getragen.
Im Stand der Technik sind somit Fahrstabilitätssysteme bekannt, bei denen durch Bremseneingriff kritische Fahrzustände von Fahrzeugen verhindert werden, wobei als Sensoren der Lenkwinkelsensor, ein Querbeschleunigungssensor und ein Gierratensensor verwendet werden. Letzterer misst die Drehwinkelbeschleunigung und die Drehwinkelgeschwindigkeit um die Hochachse des Kraftfahrzeuges.
Der Bremseneingriff ist dabei derart programmiert, dass eine Abweichung von einer vorgegebenen Fahrtrichtung vermieden wird und dass Pendelschleuderbewegungen mit unterdrückt werden. Dabei ist das Verhindern eines Kippvorgangs des Kraftfahrzeuges ein automatischer Nebeneffekt.
Als nachteilig an diesem Ansatz gemäß dem Stand der Technik hat sich die Tatsache herausgestellt, dass ein Zielkonflikt im Bremseneingriff bei Fahrzeugen mit hoher Schwerpunktlage, beispielsweise bei Bussen, entsteht. Das Fahrzeug kann bereits zu kippen beginnen, während die Maßnahmen des Bremseneingriffs zur Fahrtrichtungsstabilisierung noch nicht ausgeschöpft sind. Somit müsste das ESP-System derart kritisch
eingestellt werden, um das Kippen von beispielsweise Reisebussen zu verhindern, dass eine größere Lenkdynamik bei plötzlichen Ausweichmanövern wiederum unterbunden werden würde .
Somit liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und ein System zu schaffen, mit welchen ein ESP-System derart modifiziert werden kann, dass Kippbewegungen durch gezieltes Aktivieren von Bremsaktivitäten entgegengewirkt werden kann, ohne eine Verminderung der Fahrdynamik in Kauf nehmen zu müssen.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß verfahrensseitig durch das Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und vorrichtungs- seitig durch das System mit den Merkmalen des Anspruchs 6 gelöst.
Die der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Idee besteht darin, dass ein Wert eines eine Tendenz eines Kippens des Kraftfahrzeuges um seine Rollachse charakterisierenden Kipp- Parameters mittels mindestens einer Sensoreinrichtung erfasst wird; dieser erfasste Wert des Kipp-Parameters mit einem vorbestimmten Schwellenwert des Kipp-Parameters verglichen wird; und wahlweise entweder derartige Bremsaktivitäten an den einzelnen Rädern bzw. Rädersätzen des Kraftfahrzeuges für den Fall einer Überschreitung oder eines Erreichens des vorbestimmten Schwellenwertes durch den erfassten Wert des Kipp- Parameters aktiviert werden, dass vorrangig der Kippwinkel bzw. im Frühstadium der Kippbewegung die Kippwinkelbeschleunigung vermindert wird, und/oder dass derartige Bremsaktivitäten an den einzelnen Rädern bzw. Rädersätzen des Kraftfahrzeuges für den Fall einer Unterschreitung des vorbestimmten Schwellenwertes durch den erfassten Wert des Kipp-Parameters
aktiviert werden, dass vorrangig eine Fahrtrichtungsstabilisierung erzeugt wird.
Die vorstehend verwendeten Begriffskombination „Überschreitung" und „Erreichen" ist im Sinne von „größer gleich" zu verstehen. Der vorstehend verwendete Begriff Unterschreitung ist im Sinne von „kleiner" zu verstehen.
Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und das erfindungsgemäße System mit den Merkmalen des Anspruchs 6 weisen gegenüber den bekannten Lösungsansätzen gemäß dem Stand der Technik den Vorteil auf, dass erst dann vorrangig auf eine Kippverhinderung umgestellt wird, wenn durch die Sensorauswertung eine gesteigerte Kippgefahr festgestellt wird, wobei bei einem geringeren Kippgefähr- dungspotential Bremsaktivitäten für eine Stabilisierung der Fahrtrichtung aktiviert werden, wodurch eine größere Lenkdynamik bei plötzlichen Ausweichmanövern im Falle einer verminderten Kippgefahr gegenüber dem Stand der Technik gewährleistet wird.
Der Einsatz des erfindungsgemäßen Verfahrens bzw. des erfindungsgemäßen Systems bietet sich nicht nur in Zusammenhang mit einteiligen Fahrzeugen, wie Personenkraftwagen, Transportern, einteiligen Lastkraftwagen, Bussen oder Anhängern an, sondern insbesondere auch mit zweiteiligen Fahrzeugen, wie aus einem Zugfahrzeug und einem Anhänger bzw. Auflieger bestehenden Fahrzeuggespannen, Gelenkbussen und dergleichen.
In den Unteransprüchen finden sich vorteilhafte Weiterbildungen und Verbesserungen des im Anspruch 1 angegebenen Verfahrens und des im Anspruch 6 angegebenen Systems .
Gemäß einer bevorzugten Weiterbildung werden als Kipp-Para- meter die Winkellage und/oder die Winkelgeschwindigkeit und/oder die Winkelbeschleunigung als Maß für die Kipptendenz erfasst. Weitere Kippparameter sind selbstverständlich ebenfalls möglich. Bei der Fahrzeugachse, bezüglich derer diese Größen betrachtet werden, handelt es sich um die Längsachse des Fahrzeuges, die auch als Rollachse bezeichnet wird.
Gemäß einer weiteren bevorzugten Weiterbildung wird der Schwellenwert der einzelnen Kipp-Parameter in Abhängigkeit des Fahrzeugtyps und/oder der Fahrwerkseigenschaften und/oder der Lage des Fahrzeugschwerpunktes und/oder des Reibbeiwertes zwischen Fahrbahn und Reifen vorbestimmt.
Vorzugsweise werden die Werte des Kipp-Parameters bzw. der Kipp-Parameter dynamisch erfasst und ausgewertet. Dadurch kann rechtzeitig auf kritische Situationen reagiert werden.
Gemäß einem weiteren bevorzugten Ausführungsbeispiel werden zusätzlich zum entsprechenden Einwirken auf das Bremssystem geeignete aktive Lenkmaßnahmen, aktive Fahrwerksreaktionen, einschließlich Beeinflussung eines Querstabilisators, oder dergleichen zur Erfüllung der jeweiligen Vorgabe in Abhängigkeit von dem erfassten Wert des jeweiligen Kipp-Parameters durchgeführt. Somit werden die einzelnen Maßnahmensysteme bei einer Überschreitung des Schwellenwertes durch den jeweils erfassten Wert des jeweiligen Kipp-Parameters derart aktiviert, dass vorrangig einer Kippbewegung entgegengewirkt wird. Für den Fall einer Unterschreitung des entsprechenden zugeordneten Schwellenwertes werden die entsprechenden Maßnahmesysteme derart angesteuert, dass vorrangig die Fahrtrichtungsstabilisierung unterstützt wird. Je nachdem, wie das Fahrzeug ausgestattet ist, können ein Querstabilisator, an der Hinterachse des Fahrzeuges, oder können zwei Querstabili-
satoren, an der Hinterachse und an der Vorderachse des Fahrzeuges, beeinflusst werden.
Vorzugsweise ist eine Sensoreinrichtung als Querbeschleuni- gungssensor ausgebildet und im Dachbereich des Kraftfahrzeuges angeordnet. Eine weitere Sensoreinrichtung kann beispielsweise im Bodenbereich des Kraftfahrzeuges angeordnet werden und ebenfalls als Querbeschleunigungssensor ausgebildet sein. Vorzugsweise sind die jeweiligen Querbeschleuni- gungssensoren mittig bezüglich der Längsrichtung des Kraftfahrzeuges angeordnet.
Zusätzlich oder alternativ zu einem der Querbeschleunigungs- sensoren kann auch ein Drehratensensor vorgesehen sein, der eine Drehung des Fahrzeugs um eine in Fahrzeuglängsrichtung und/oder Fahrzeughochrichtung orientierte Drehachse erfasst, wobei die Signale der einzelnen Sensoreinrichtungen durch ein Steuergerät in Kombination miteinander ausgewertet werden und für die Analyse berücksichtigt werden können, inwiefern ein Schwellenwert eines bestimmten Kipp-Parameters über- bzw. unterschritten wird.
Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in den Zeichnungen dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Dabei zeigen:
Fig. 1 eine Rückansicht eines Kraftfahrzeuges, teilweise im Schnitt, mit einem integrierten erfindungsgemäßen System gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung; und
Fig. 2 eine schematische Draufsicht auf ein Kraftfahrzeug mit einem integrierten erfindungsgemäßen System gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung.
In den Figuren bezeichnen gleiche Bezugszeichen gleiche oder funktionsgleiche Komponenten.
Anhand der Figuren 1 und 2 wird im folgenden zunächst ein System zur Stabilisierung eines Kraftfahrzeuges 1, beispielsweise eines Busses 1, gemäß einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung näher erläutert. Dabei zeigt Fig. 1 eine Rückansicht, teilweise im Schnitt, und Fig. 2 eine schematische Draufsicht auf ein Kraftfahrzeug mit einem erfindungsgemäßen integrierten System gemäß einem bevorzugten Ausführungsbeispiel. Es sei an dieser Stelle bemerkt, dass das Kraftfahrzeug 1 sowohl als Personenkraftwagen als auch als Nutzkraftwagen, Geländewagen, SUV-Wagen (Sport Utility Vehicle) oder dergleichen ausgebildet sein kann. Besonders vorteilhaft wird das erfindungsgemäße System und erfindungsgemäße Verfahren bei Kraftfahrzeugen eingesetzt, deren Schwerpunkt einen verhältnismäßig großen Abstand zur Radaufstands- fläche aufweist, wie beispielsweise bei Reisebussen oder Doppeldecker-Bussen .
Im folgenden wird die Erfindung anhand eines Busses 1 erläutert, was jedoch nicht als Beschränkung der vorliegenden Erfindung gesehen werden soll. Der Bus 1, wie in den Fig. 1 und 2 ersichtlich, weist vorzugsweise einen Querbeschleunigungssensor 2 auf, der vorteilhaft im vorderen Dachbereich des Busses 1 angeordnet und über eine Signalleitung 20 mit einem Steuergerät 6 bzw. einer Kipptendenz-Analysatoreinrichtung 5 verbunden ist. Ein weiterer Querbeschleunigungssensor 22, der über eine Signalleitung 20' mit dem Steuergerät 6 verbunden ist, ist vorzugsweise in genau oder in im wesentlichen vertikaler Richtung zum Querbeschleunigungssensor 2 angeordnet, beispielsgemäß im Bodenbereich des Busses 1. Hierbei wird der Abstand der beiden Querbeschleunigungssensoren 2,22 möglichst groß gewählt, sodass sich bereits geringe durch ein Kippen
des Busses 1 hervorgerufene Winkelbeschleunigungen zuverlässig erfassen lassen.
Ferner ist beispielsweise ein weiterer Querbeschleunigungssensor 3 im hinteren, unteren Bereich des Busses 1 vorgesehen, welcher wiederum über eine Signalleitung 30 mit dem Steuergerät 6 bzw. der Kipptendenz-Analysatoreinrichtung 5 verbunden ist.
Die beiden Querbeschleunigungssensoren 2,22 sind vorzugsweise bezüglich der Längsachse des Busses 1 mittig, d.h. in der Symmetrieebene liegend, angeordnet, so dass Störeinflüsse von beiden Seiten des Busses 1 gleichermaßen detektiert werden können.
Zusätzlich oder alternativ zu einem der Querbeschleunigungssensoren 2,22 kann ein Drehratensensor 4 vorgesehen sein, welcher ebenfalls über eine Signalleitung 40 an das Steuergerät 6 bzw. die Kipptendenz-Analysatoreinrichtung 5 angeschlossen ist.
Das Steuergerät 6 mit integrierter Kipptendenz-Analysator- einrichtung 5 ist gemäß dem vorliegenden Ausführungsbeispiel über Steuerleitungen 70 jeweils mit dem Bremssystem an den einzelnen Rädern 7 bzw. den einzelnen Rädersätzen 7 des Busses 1 verbunden. Bei dem Steuergerät 6 handelt es sich im allgemeinen um einen Bremskraftmodulator, beispielsweise um ein ABS- oder ESP-Steuergerät, das neben fahrerunabhängigen Bremseingriffen eine Beeinflussung des Vortriebs des Busses 1 erlaubt .
Im folgenden soll unter Bezugnahme auf die Figuren 1 und 2 das erfindungsgemäße Verfahren anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels der vorliegenden Erfindung näher erläutert
werden. Dabei signalisieren die beiden dickeren Pfeile in Fig. 1 die Richtung des Störeinflusses, beispielsweise die Windrichtung, und der Pfeil in Fig. 2 die Fahrtrichtung des Busses 1. Im Falle eines beispielsweise von links herrschenden Seitenwindes wird auf den Bus 1 ein Drehmoment um die in Längsrichtung des Busses 1 verlaufene Rollachse 9 im Uhrzeigersinn, dargestellt durch die dünnere Pfeillinie in Fig. 1, ausgeübt. Herrscht ein derartig großer Seitenwind vor bzw. existiert eine derart große Bodenwelle und/oder tritt im Falle einer Kurvenfahrt eine derart große Kurvenseitenkraft auf, dass das auf den Bus 1 wirkende Drehmoment den Schwerpunkt des Busses 1 durch die Drehbewegung in horizontaler Richtung über die RadaufStandsfläche des Busses 1 hinaus verlagert, so kommt es zu einem Kippvorgang des Reisebusses 1. Um solchen Kipptendenzen vorzubeugen, erfassen die Querbeschleunigungssensoren 2,22,3 und/oder der Drehratensensor 4 die durch den seitlichen Störeinfluss hervorgerufene Wankbewegung bzw. Drehbewegung des Busses um dessen Längsachse. Die erfassten Querbeschleunigungsdaten werden von den jeweiligen Sensoren 2,22,3 und 4 über die entsprechend zugeordneten Signalleitungen 20,30 und 40 an die Kipptendenz-Analysatoreinrichtung 5 gesendet. Die Kipptendenz-Analysatoreinrichtung 5 wertet die empfangenen Querbeschleunigungsdaten aus, indem beispielsweise als Kippparameter die Winkellage, die Winkelgeschwindigkeit und/oder die Winkelbeschleunigung als Maß für die Kipptendenz aufgrund des entsprechenden Störeinflusses berechnet werden. Die Kipptendenz-Analysatorein-richtung 5 ermittelt daraufhin zur Bewertung der Kippbewegung des Busses 1 auf Basis der berechneten Momentan-Werte der Kipp-Parameter unter Verwendung eines Fahrzeugmodells deren zukünftig zu erwartenden Werte. Alternativ unterbleibt die Ermittlung der zukünftig zu erwartenden Werte, und es werden die berechneten Momentan-Werte der Kipp-Parameter unmittelbar zur Bewertung der Kippbewegung des Busses 1 herangezogen. Diese berechneten
Werte können vorzugsweise mit in einer Speichereinrichtung 8 (siehe Fig. 2) abgespeicherten Schwellenwerten der jeweiligen Kipp-Parameter verglichen werden. Dabei können in der Speichereinrichtung die Schwellenwerte der einzelnen Kipp-Parameter in Abhängigkeit des Fahrzeugtyps und/oder der Fahrwerkseigenschaften und/oder der Lage des Fahrzeugschwerpunktes und/oder des Reibbeiwertes zwischen Fahrbahn und Reifen und/oder weiteren Zustandsgrößen vorbestimmt und aus der Speichereinrichtung abrufbar sein. Die Bewertung der Kippbewegung des Busses 1 auf Basis des Vergleichs zwischen den Schwellenwerten und den jeweiligen Kipp-Parametern kann hierbei unter Verwendung von Fuzzy-Logik erfolgen. Handelt es sich anstelle des Busses 1 um ein aus einem Zugfahrzeug und einem Anhänger bzw. Auflieger bestehendes Fahrzeuggespann, so kann die Kippbewegung des Anhängers bzw. Aufliegers für sich selbst oder aber in Zusammenwirken mit dem Zugfahrzeug bewertet werden.
Ergibt ein Vergleich des erfassten Parameterwertes mit einem zugeordneten Schwellenwert in der Speichereinrichtung 8 durch die Kipptendenz-Analysatoreinrichtung 5 eine Überschreitung oder ein Erreichen des vorbestimmten Schwellenwertes durch den erfassten Wert des jeweiligen Kipp-Parameters, so aktiviert das Steuergerät 6 über die Steuerleitungen 70 die Bremsaktivitäten an den einzelnen Rädern 7 bzw. Rädersätzen 7 derart, dass vorrangig die Kippwinkelbeschleunigung vermindert wird, um einer kritischen Kipptendenz entgegenzuwirken. Um ein Fahrzeug bei einer vorliegenden Kipptendenz um die in Längsrichtung des Fahrzeuges orientierte Fahrzeugrollachse 9 zu stabilisieren bzw. um ein seitliches Umkippen des Busses 1 um die Rollachse 9 zu vermeiden, sind beispielsweise folgende Eingriffe in das Bremssystem des Busses 1 denkbar: Zum einen kann durch Bremsen, insbesondere gleichmäßiges Abbremsen aller Räder des Fahrzeuges, eine Verminderung der Fahrzeugge-
schwindigkeit insgesamt erreicht werden. Ergänzend kann die Fahrzeuggeschwindigkeit auch durch Zurücknahme des Motormomentes reduziert werden. Zum anderen kann durch radindividuelle Bremseingriffe gezielt dem Umkippen des Busses 1 entgegengewirkt werden. Durch einen starken Bremseneingriff an ausgewählten Rädern wird der gesamte Bus 1 abgebremst. Bei den ausgewählten Rädern handelt es sich im Normalfall um Räder der dem Störeinfluss gegenüberliegenden Seite bzw. bei einem Störeinfluss aufgrund einer Bodenunebenheit um Räder mit einer niedrigeren Höhenlage, da diese in einem querdynamisch kritischen Fahrzustand eine höhere Radlast aufweisen, und somit an diesen Rädern eine große Bremskraft erzeugt werden kann. Dadurch wird vorteilhaft zum einen die Geschwindigkeit des Fahrzeugs stark verringert, wodurch gleichzeitig die auf das Fahrzeug wirkende Querbeschleunigung verringert wird. Zum anderen wird durch die Bremskraft an den dem Störeinfluss gegenüberliegenden Rädern die Seitenführungskraft verringert, wodurch das auf das Fahrzeug wirkende Kippmoment ebenfalls verringert werden kann.
Ergibt andererseits ein Vergleich des erfassten Wertes des jeweiligen Kipp-Parameters mit dem zugeordneten Schwellenwert durch die Kipptendenz-Analysatoreinrichtung 5, dass der Schwellenwert durch den erfassten Wert des Kipp-Parameters unterschritten wird, so regelt das Steuergerät 6 über die Steuerleitungen 70 die Bremsaktivitäten an den einzelnen Rädern des Busses 1 derart, dass vorrangig eine Fahrtrichtungsstabilisierung geschaffen wird. Folgender Eingriff in das Bremssystem des Busses 1 ist für eine Fahrtrichtungsstabilisierung denkbar: Die Aufstandskräfte an der oder an den Hinterachsen werden durch das Bremsen zugunsten der Aufstandskräfte an der oder an den Vorderachsen vermindert. Durch diesen Bremseingriff wird ein entsprechendes, auf das Fahrzeug
wirkendes Giermoment vorzugsweise derart erzeugt, dass das Fahrzeug in eine stabile Fahrtrichtung gesteuert wird.
Somit kann durch die vorliegende Erfindung ein Zielkonflikt im Bremseneingriff vermieden werden, da aufgrund des Schwellwertkriteriums ein der jeweiligen Fahrtsituation angepasster Regeleingriff im Bremsensystem ausführbar ist. Bei einem erfassten verminderten Kippgefährdungspotential, d.h. bei einer Unterschreitung des Schwellenwertes durch den erfassten Parameterwert, ist bei plötzlichen Ausweichmanövern eine größere Lenkdynamik für eine Fahrtrichtungsstabilisierung ohne vorschnelle Durchführung eines Bremseneingriff für eine Verminderung der unkritischen Kippwinkelbeschleunigung möglich. Erst im Falle eines Überschreitens des vorbestimmten Schwellenwertes, der ein erhöhtes Kippgefährdungspotential signalisiert, wird die vorherige Bremsenregelung zum Fahrtrichtungs- stabilisieren auf eine Bremsenregelung zum Verringern der Kippwinkelbeschleunigung umgestellt. Somit wird das sensiblere System zum Verringern der Kippwinkelbeschleunigung lediglich bei einer gesteigerten Kippgefahr aktiviert, so dass vorher eine größere Lenkdynamik aufrechterhalten bleibt.
Somit weist vorzugsweise die Regelung von Bremsaktivitäten zur Verringerung einer Kippwinkelbeschleunigung bei kritischen Parameterwerten eine höhere Priorität auf als die Regelung von Bremsaktivitäten zur Fahrtrichtungsstabilisierung.
Durch das Analysieren bestimmter Kriterien zum Einleiten entweder der Maßnahme zur Verminderung der Kipptendenz oder der Maßnahme für eine Fahrtrichtungsstabilisierung können neben einer Aktivierung von geeigneten Bremsaktivitäten zusätzlich aktive Lenkmaßnahmen sowie aktive Fahrwerksreaktionen einschließlich Querstabilisatoren für die entsprechend ausgewählte Maßnahme eingeleitet werden.
Somit schafft die vorliegende Erfindung ein Verfahren bzw. ein System, mit welchen bei einer geringen Kippgefahr beispielsweise das ESP-System derart geschaltet wird, dass der Bremseneingriff einer optimalen Spurführung und dem Verhindern des Ausbrechens einer Achse oder Schleudern des Kraftfahrzeuges Vorrang gegeben wird. Bei ansteigender Kippgefahr, d.h. bei einem Überschreiten eines bestimmten Schwellenwertes ausgewählter Kipp-Parameter wird die Eingriffs-Charakteristik bzw. der Bremseneingriff derart geändert, dass ein Kippwinkelabbau bzw. im Frühstadium des Aufbaus der Kippgefahr die Kippwinkelbeschleunigung vermindert wird.
Wie abrupt der Übergang der Eingriffs-Charakteristiken gestaltet werden muss, hängt vom Fahrzeugtyp, von seinen Fahrwerkseigenschaften, von der Lage des Schwerpunktes oder von anderen Zustandsgrößen ab. Beispielsweise muss bei einem Doppeldecker-Bus das Kippkriterium derart ausgebildet sein, dass einer Kippbewegung früher entgegengewirkt wird als bei einem normalen Reisebus, einem SUV-Fahrzeug oder einem Geländewagen.
Obwohl die vorliegende Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsbeispiele vorstehend beschrieben wurde, ist sie darauf nicht beschränkt, sondern auf vielfältige Weise modifizierbar.
Der Schwerpunkt des erfindungsgemäßen Gegenstandes liegt auf der Realisierung eines geeigneten Überganges von den Eingriffen, die im Rahmen einer konventionellen ESP-Regelung, d.h. einer Regelung der Gierwinkelgeschwindigkeit des Fahrzeuges durchgeführt werden, zu den Eingriffen, die im Rahmen einer Kippverhinderung durchgeführt werden. In entsprechender Weise wird auch für den umgekehrten Übergang eine geeignete Vorgehensweise bereitgestellt.
Der geeignete Übergang lässt sich beispielsweise durch eine geeignete Überblendung von der einen Art von Eingriffen zu der anderen Art von Eingriffen realisieren. Dabei wird beispielsweise der Abstand des Wertes des Kipp-Parameters von dem zugehörigen Schwellenwert ermittelt. Bei einem drohenden Kippvorgang werden dann in Abhängigkeit dieses Abstandes die Eingriffe zur Regelung der Gierwinkelgeschwindigkeit zurückgenommen, während die Eingriffe zur Kippverhinderung verstärkt werden. D.h. die beiden Arten von Eingriffen werden in Abhängigkeit des ermittelten Abstandes unterschiedlich stark gewichtet bzw. priorisiert. Es findet eine Überblendung von der einen Art von Eingriffen zu der anderen Art von Eingriffen statt.
Ein Schwerpunkt des erfindungsgemäßen Gegenstandes liegt auf der Kombination der beiden Eingriffsarten, bei denen es sich zum einen um das Aktivieren von derartigen Bremsaktivitäten an den einzelnen Rädern bzw. Rädersätzen des Kraftfahrzeuges handelt, durch die vorrangig der Kippwinkel bzw. die Kippwinkelbeschleunigung vermindert wird und bei denen es sich zum anderen um das Aktivieren von derartigen Bremsaktivitäten an den einzelnen Rädern bzw. Rädersätzen des Kraftfahrzeuges handelt, durch die vorrangig eine Fahrtrichtungsstabilisierung erzeugt wird, mittels eines geeignet gewählten Übergangs zwischen diesen beiden Eingriffsarten. Durch diesen Übergang soll sichergestellt werden, dass in Abhängigkeit von der jeweiligen Fahrsituation die richtige, d.h. diejenige Eingriffsart durchgeführt wird, die zu einer möglichst effektiven Stabilisierung des Fahrzeuges führt. Ergänzend oder alternativ soll durch den Übergang sichergestellt werden, dass der Wechsel zwischen den Eingriffsarten derart abläuft, dass es zu keiner für den Fahrer oder die Insassen des Fahrzeuges spürbaren Komfortbeeinträchtigung kommt.
Neben der Auswertung des Kipp-Parameters selbst kann auch eine weitere Größe für die Realisierung des Überganges ausgewertet werden. So kann beispielsweise die zeitliche Ableitung des Kipp-Parameters ausgewertet werden. Liegt ein kippkritischer Fahrzustand mit einer großen zeitlichen Änderung des Kipp-Parameters vor, dann werden die Eingriffe zur Kippstabilisierung stärker gewichtet als die Eingriffe, die im Rahmen der Regelung der Gierwinkelgeschwindigkeit durchgeführt werden.