In
der
DE 100 50 063
A1 ist ein Verfahren der eingangs genannten Art zum rechnergestützen Ermitteln
eines Strömungsfeldes
in dem Atemweg eines Tieres vorgeschlagen worden, um die Strömungseigenschaften
der ein- und ausgeatmeten Luft durch den Nasenraum eines Patienten
zu ermitteln und bei einer strukturellen Änderung des Atemwegs die voraussichtlich
entstehenden Strömungseigenschaften
innerhalb des veränderten
Atemwegs zu ermitteln. Dabei werden die Wände des Nasenraums durch Segmentierungstechniken
zu zusammenhängenden
CT-Bild-Elementen bis zur Genauigkeit der Voxel-Geometrie erkannt.
Für jedes
CT-Bild wird ein kartesisches Gitter gebildet und so das Bild in
einzelne Gitterelemente unterteilt, wobei unter diesen Gitterelemente
unterschieden werden, die sich innerhalb des durch die Struktur
definierten Innenraums, also im Atemweg, befinden und für diese
Gitterelemente ein Strömungsfeld
ermittelt. Aus der gegebenen Beschreibung des Verfahrens ist zu
schließen, daß nur eine
einfache, Voxel-basierte Behandlung der Haftrandbedingungen an den
Wänden
der Atemwege, z.B. mit dem Bounce-back-Verfahren, in Frage kommt
und die Krümmung
der Wände
nur stufenweise, der Auflösung
der CT-Daten entsprechend dargestellt werden kann. Besonders bei
höheren
Strömungsgeschwindigkeiten
wird dies zu einer großen Fehlerquelle.
In der medizinischen Praxis ist das gesamte Verfahren zur Simulation
des Atemvorgangs jedenfalls derzeit nicht anwendbar, da die zur
zuverlässigen
Berechnung der verhältnismäßig schnellen Luftströmung (hohe
Reynoldszahlen) benötigten
Rechenzeiten immer noch sehr groß sind.
Zur
Behandlung zerebraler Aneurysmen mit einem porösen Stent ist von B. Chopard, "A Lattice Boltzmann
Study of Blood Flow in Stented Aneurysmen", SCS Seminar – Computational Hämodynamics,
Universität
Amsterdam, 13. Oktober 2003 als Maßnahme für die Strömungsreduktion eine Darstellung
der Blutströmung
mittels der Lattice-Boltzmann-Methode vorgeschlagen worden. Dabei
handelte es sich aber um eine zwei-dimensionale Simulation, die
für keine
reale klinische Anwendung eine genügende Erfassung der individuell
vorliegenden Gefäßgeometrie
ermöglicht
und sogar grundsätzliche
Strömungseffekte,
die mit dem dreidimensionalen Charakter der Blutströmung zusammenhängen, falsch
einschätzt.
Bisher sind bei Anwendungen der Lattice-Boltzmann-Methode auf Blutbahnen
jedoch nur ein einziges quaderförmiges
Gitter und ein einfaches Rechenschema für die Simulation der Strömungsvorgänge eingesetzt
worden.
Die
US 2003/0060988 A1 befaßt
sich mit der Analyse des Einfüllens
in Gießformen,
wobei die Lattice-Boltzmann-Methode aufgrund der schnellen Rechenzeit
und ihrer Eignung für
eine große
Anzahl von Diskretisationspunkten angewendet wird. Das darin beschriebene
Rechenverfahren ist allerdings nur für Strömungen mit relativ niedrigen
Geschwindigkeiten gut geeignet, z.B. aufgrund der geringeren Anzahl von
Freiheitsgraden und der Herleitung der Randbedingungen, es ist sehr
kompliziert und es ist an sich nicht geeignet, fortgeschrittene
Blutrheologie-Modelle zu behandeln.
Besonders
die Herz-, Gefäß- und Neurochirurgie
macht von neueren technischen Entwicklungen und immer genaueren,
effizienteren vorzugsweise minimal-invasiven Verfahren Gebrauch,
um dreidimensionale (3D) medizinische Daten auszuwerten und zu interpretieren.
Die zur Zeit für
die klinische Praxis üblichen
Tomo graphiedaten, die üblicherweise
auf Ultraschall-, Magnetfeld- und
Röntgenstrahl-Messungen
basieren (Die Erfindung soll aber nicht auf diese beschränkt sein.),
enthalten Dichte-Informationen, die danach durch sogenannte Segmentierung
vorwiegend in geometrische Information umgewandelt wird. Die Auflösung dieser
Verfahren verbessert sich in der gegebenen Reihenfolge, da die minimal
auflösbare
Länge proportional
zur Strahlungswellenlänge
ist. Zur Zeit ist eine isotrope Auflösung von ca. 0,4 mm mit Mehrschicht-Röntgen-CT erreichbar,
eine etwas gröbere
und dennoch vergleichbare (ca. 1 mm) Auflösung mit MRI. Dies bedeutet,
daß Gefäße mit Lumendurchmessern
von mindestens 1–2
bzw. 3–4
mm detektiert werden können.
Das Verhältnis
zwischen der Auflösung,
die für die
Erkennung einer Ader ausreicht, und der, die für eine Bestimmung der Strömungsdynamik
und besonders der Wandbelastung (durch Messungen oder Simulationen)
mindestens gebraucht wird, ist etwa 1:10.
Es
ist also noch nicht möglich,
detaillierte Analysen des Blutstromverlaufs und von dessen Zusammenhang
mit der Entwicklung von Gefäßanomalien
nur anhand medizinischer Meßverfahren
durchzuführen.
Andererseits hat eine Vielfalt von medizinischen Untersuchungen
verschiedene Aspekte festgestellt, bei denen Änderungen im Blutstromverlauf die
Entstehung und Weiterentwicklung von Gefäßmalformationen provozieren.
Zum Verständnis
und zur Behandlung von Gefäßbeschädigungen
sind detaillierte Kenntnisse über
den Blutströmungsverlauf und
des Einflusses mechanischer Belastungen auf die Deformation wichtiger
Blutgefäße notwendig. Wünschenswert
wäre daher
ein Verfahren, das gleichzeitig effizient und einfach Strömungsverhältnisse
nachbilden und detaillierte hämodynamische Information
erstellen kann.
Um
individuell spezifische Merkmale der Gefäßgeometrie erfolgreich einzubeziehen,
ist von A. Taylor, M. T Draney, J. P. Ku, D. Parker, B. N. Steele, K.
Wang, and C. K. Zarins, "Predictive
medicine: computational techniques in therapeutic decisionmaking", Computer Aided
Surgery 4, 231 bis 247, 1999 eine Methode vorgeschlagen worden,
mit der der Querdurchmesser des Lumens größerer Arterien anhand von MRI-Tomographie-Daten
automatisch bestimmt und diese Information für 1D-Modellberechnungen des
Blutstroms (nur entlang der Gefäßachse) durch
diese Arterien benutzt wird, auch wenn Implantate (incl. Bypässe) vorhanden
sind. Bisher ist diese Methode bei der AA (ascending aorta) in Tieren
und Menschen getestet worden, also in einem Gefäß, das ausnahmsweise gerade
und lang ist. Vergleiche mit MRI-basierter Anemometrie, veröffentlicht
in B. N. Steele, J. Wan, J. P. Ku, T. J. R. Hughes und C. A. Taylor, "In vivo validation
of a one-dimensional finite-element method for predicting blood
flow in cardiovascular bypass grafts", IEEE Trans. Biomed. Eng. 50(6), 649
bis 655, 2003 und mit detaillierten numerischen 3D-Simulationen,
veröffentlicht
in V. Favier and C. A. Taylor, "Image-based
modeling of blood flow in a procine aorta bypass graft", Ann. Res. Briefs,
Center for Turbulence Research, Stanford Univ., 2002 haben gezeigt,
daß manche
gemittelte Größen gut
reproduziert werden können,
daß die räumliche
Verteilung der mechanischen Spannungen und der Blutgeschwindigkeiten
jedoch nicht vorhergesagt werden kann.
Die
Simulation der Blutströmung
mit Berücksichtigung
realer Gefäßgeometrien,
einschließlich beispielsweise
von Implantaten wie Stents oder Aneurysmen, und deren Vernetzung
(siehe z.B. M. S. Juchems, D. Pless, T. R. Fleiter, A. Gabelmann,
F. Liewald, H. J. Brambs, A. J. Aschpoff, "Blutflußsimulationen mittels Computational-Fluid-Dynamics
an aus CT-Daten rekonstruierten Aorten-aneurysmata vor und nach
Stent-Graft Implantation",
Fortschr. Röntgenstr.
176, 56 bis 61, 2004) macht Gebrauch von CT-Daten unter Einsatz
von mindestens drei verschiedenen Auswertemethoden incl. Visualisierung. Das
deklarierte Endziel der Entwicklung eines Verfahrens für simulationsgestützte medizinische
Planung ist auf diesem Wege kaum erreichbar.
Die
Diskretisierung des durchströmten
Volumens bei dreidimensionaler numerischer Simulation (3D DNS) für CFD-Anwendungen
findet entweder auf strukturierten oder auf unstrukturierten Gittern
statt. Die Auswahl der Gitterart hat einen großen Ein fluß auf die Komplexität, die Genauigkeit
und die Effizienz der Simulationen. Sie bedeutet unter anderem auch eine
Auswahl konsistenter diskreter Darstellungen für das Volumen einerseits und
für dessen
Rand andererseits sowie die Kopplung dieser Darstellungen. Bei Blutgefäßen ist
die Geometrie relativ kompliziert und das Verhältnis (in dynamisch relevanten
Meßeinheiten)
von Wandfläche
zu Volumen ist relativ hoch, so daß die Notwendigkeit effizienter
und zuverlässiger
Kopplungsverfahren ausgeprägt
ist.
Stukturierte
Gitter, auf denen beispielsweise die Lattice-Boltzmann-Methode basiert, entstehen nach
einer (groben) a priori Verteilung des Gesamtvolumens in benachbarte
oder auch teilweise überlappende
Einzelgebiete, die jeweils einem einfachen Körper, z.B. einem kubischen
Würfel,
diffeomorphisch sind. Dieser einfache Körper wird mit einem regelmäßigem, meistens
orthogonalen Gitter (3D räumlich)
bedeckt. Für
solche Gitter stehen hochgenaue und hocheffiziente Algorithmen zur
Verfügung, wie
z.B. FFT, kompakte Finite-Differenzen, sowie polynomiale Zerlegungen
hoher Ordnung, die z.B. bei der Konstruktion von p-FEM oder Spektral-Elemente-Verfahren
verwendet werden. Dafür
ist aber der Aufbau von strukturierten Rechengittern für komplexe
Geometrien sehr aufwendig oder gar unmöglich ohne vereinfachende Annahmen.
Auf unstrukturierten Gittern ist dagegen der Aufbau des Gitters
weitgehend automatisierbar, da die restriktive Verteilung des 3D-Raumes
vermieden werden kann. Dadurch können
auch sehr komplexe Geometrien behandelt werden. Dies führt allerdings
im Endeffekt zu höheren
Kosten (zum Teil wegen niedriger Genauigkeit, wegen höherer algorithmischer
Komplexität,
usw.) während
der Simulation.
Die
Identifikation des Strömungsgebiets
bei Simulationen der Hämodynamik
in Blutgefäßen basiert
auf einer Identifikation der Gefäßwände aus
insbesondere CT-Daten, die Grauwert-Daten auf einem einfachen strukturierten
Gitter darstellen und dessen Bearbeitung auf der Annahme ihrer ausreichenden Auflösung und
in meisten Fällen
auch ihrer räumlichen
Glattheit beruht. Stan dardverfahren der Bildgebung wie z.B. der
Marching-Cubes-Algorithmus können
sehr schnell aus diesen Daten eine diskretisierte, approximierende
Darstellung der Wandgeometrie, etwa als unstrukturierte 2D-Gitter,
erstellen. Die Qualität
diese Darstellung ist notwendigerweise eine Funktion der CT-Daten-Qualität, so z.B.
wird bei einem Bias in der CT-Aufnahme ein lokaladaptives Schwellwert-Verfahren
wie aus R. C. Gonzalez and R. E. Woods, "Digital image processing", Prentice Hall,
2002 notwendig. Die entstehende 2D-Triangulation der Wandoberflächen kann
bei DNS auf unstrukturierten Gittern schon direkt für eine automatische 3D-Gittergenerierung
benutzt werden. Bei strukturierten 3D-Gittern ist die Triangulation
ein allein stehendes Objekt, dessen Verhältnis zum 3D-Rechengitter durch
Kopplungsschemen verschiedener Art, Genauigkeit, Komplexität und Effizienz
gestaltet werden kann. Unstrukturierte Gitter sind an die Randgeometrie
angepaßt
und müssen
sich daher bei einer Bewegung der Wände mitverändern, was zu aufwendigen globalen
3D-Rechnungen, zur Notwendigkeit der Kontrolle des Deformationsgrades,
möglicherweise
zur Erzeugung und Löschung
von Gitterelementen sowie zur Entstehung von mehreren Fehlerquellen,
die mit diesen Operation verbunden sind, führt.
Es
besteht aber auch eine praktische Möglichkeit, das 2D-Gitter mit
einem Lagrange'schen
Verfahren bei jedem Zeitschritt zu verändern, ohne das 3D-Rechengitter
modifizieren zu müssen.
Es ist bemerkenswert, daß eine
solche Art von Kopplung zwischen einem fixierten (Eulerschen) 3D-Gitter
und einem Lagrange'schen "Wandgitter" ursprünglich in
einem frühen
Versuch von Peskin 1974, die Herzdynamik numerisch zu erfassen,
entstanden ist, bei dem er die sich bewegenden Wände des Herzens als interne
Grenzen verwendete. Dennoch sind fast alle bisherigen CFD-Anwendungen
im Bereich der Hämodynamik,
mit Ausnahme der Arbeiten von Peskin und seiner Schule, weit von
diesem effizienten und natürlichen
Ansatz entfernt geblieben. Derartige Ansätze bringen mit sich ein hohes
Potential an Vereinfachung, Genauigkeitsverbesserung und Beschleunigung
der Rechenverfahren, besonders bei strukturierten Rechengittern,
da die Kopplung der beiden gekoppelten Gitter einfacher zu berechnen
ist.
Der
oben erwähnte
3D-Euler-2D-Lagrange-Ansatz wurde unter dem Namen "immersed boundary
method" technisch
vielseitig entwickelt. Insbesondere wurde die ursprüngliche
theoretische Einschränkung
der Genauigkeit auf die erste Ordnung durch Verbesserungen am Algorithmus
aus praktischer Sicht gelöst,
so daß das
gesamte Verfahren eine effektive Konvergenz "zweiter Ordnung" erreicht (Lai & Peskin (1999)). Ein systematischer
Ansatz zur Kopplung der zwei Gitterarten (fixiertes 3D-Rechengitter
für den
Strömungslöser und
2D-Gitter für
bewegte oder unbewegte Oberflächen
komplexer Form, was auch auf Blutgefäß-Wände angewendet werden kann)
wurde in den letzten Jahren unter dem Namen "immersed interface method" entwickelt und getestet.
Es beruht auf einer möglichst genauen
und scharfen Darstellung der Grenze zwischen dem Fluid und dem umgebenden
Medium. Dagegen wird bei der Immersed-Boundary-Methode die Grenze
absichtlich und kontrolliert auf eine "dünne Schicht
verschmiert". Algorithmen
beider Arten sind im Zusammenhang mit verschieden Diskretisationsverfahren
(Finite-Differenzen, FVM, FEM) für
das 3D-Rechengitter entwickelt und erprobt worden, nicht aber mit
der Lattice-Boltzmann-Methode. Ihre Stabilität und Effizienz, insbesondere
auch auf Parallelrechnern, ist in der Literatur bereits demonstriert
worden.
Die
Bestimmung der Größen, die
es aus den durch die Simulation berechneten Druck- und Geschwindigkeitsfeldern
zu berechnen und anschließend
zu visualisieren und auszuwerten gilt, ist meistens einfach und
schnell, obwohl es bei der Berechnung von räumlichen Ableitungen (die z.B.
bei der Darstellung von Spannungen und Wirbel gebraucht würden) bei
nicht ausreichender Auflösung
zu Instabilitäten
kommen kann. Um diese Probleme zu unterdrücken, werden zeitliche und
räumliche
Mittelung oder Glättung
(Filterung) verwendet. Obwohl es eine Vielzahl von Visualisierungs-Softwarewerkzeugen gibt,
die es erlauben, 3D-Strömungen darzustellen, steht
nur selten, mindestens was kommerzielle Simulations-Software angeht,
auch die Möglichkeit
zur Verfügung,
Glättungsoperationen
per Mausklick durchzuführen.
Schwieriger
ist die Übertragung
und mehrfache Visualisierung (etwa aus verschiedenen Sichtwinkeln)
der großen
Datenmengen, die bei DNS entstehen. Wie bereits bei der Visualisierung
von Turbulenz oft praktiziert wird, kann der Aufwand bei der Visualisierung
auf ein technisch sinnvolles Niveau reduziert werden, indem die
bereits berechneten Größen vor
der Visualisierung reduziert (projiziert, gemittelt, strobiert,
etc.) werden. In der Literatur über
Hämodynamik-CFD
sind derartige Überlegungen
leider noch nicht bekannt.
Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Darstellung
von dreidimensionalen, zeitabhängigen
oder auch Zeit-gemittelten medizinisch verwertbaren Daten anzugeben,
das detaillierte Analysen des Blutstromverlaufs auch bei Gefäßanomalien
sowie unter Berücksichtigung
der Pulsationen – sowohl
des gesamten Blutstroms wie auch ggf. der betroffenen Gefäßteile selbst – ermöglicht und auch
bei komplexer Geometrie effizient durchführbar ist. Diese Aufgabe ist
durch die Erfindung bei einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs
1 gelöst.
Vorteilhafte Verfahrensvarianten sind Gegenstand der Unteransprüche.
Bei
dem erfindungsgemäßen Verfahren
zur Darstellung von dreidimensionalen Strömungsdaten in fluidführenden
Gefäßen unter
Verwendung der Lattice-Boltzmann-Methode werden somit dreidimensionale
geometrische, unter Verwendung eines regelmäßigen, isotropen Gitters erzeugte
Strukturdaten (Geometrie-Voxeldaten) des darzustellenden Gefäßbereichs
einschließlich
dessen Wandung verwendet. Dieselben Datengitter oder daraus vollautmatisch
erzeugte regelmäßige isotrope
Rechengitter (Voxel-Gitter) werden für die Gefäßdarstellung und für die Bestimmung
des Strömungsverlaufs
ausgewählt
werden und der Verlauf der Fluidströmung wird in zeitlichen Schritten
bestimmt. Ein oder mehrere zu untersuchende Gefäßabschnitte werden ausgewählt, weiter
wird ein Bereich des Gefäßes aus
den dreidimensionalen geometrischen Daten ausgewählt, der den oder die Gefäßabschnitte
enthält
und in dem die Strömungszustände dargestellt
werden sollen. Die dreidimensionalen geometrischen Daten zur Darstellung
der Gefäßwände werden
segmentiert, die Ein- und Ausströmrandflächen des
Gefäßbereiches
werden festgelegt und die Gitterrastergröße des Rechengitters wird abhängig von
den Abmessungen des ausgewählten
Gefäßbereiches
und den Parametern der darin stattfindenden Strömung ausgewählt. Das Rechengitter wird
zerlegt und die Teile des Gitters werden eliminiert, die keine durch-
oder angeströmten
Voxel enthalten. Die zeitliche Bestimmung der Fluidströmung wird
so lange durchgeführt,
bis die Strömungsdarstellung
ausreichend genau ist. Die für die
Darstellung vorgesehenen, d.h. interssierenden Charakteristiken
der Strömung
und der mechanischen Belastung der Gefäßwände werden aus der Strömungslösung bestimmt
und die Ergebnisse in für die
Bildgebung oder Archivierung optimierte Datenstrukturen werden übertragen
und gespeichert.
Die
Schnittmenge des Gefäßvolumens
mit dem Rand des gewählten
Bereichs wird in Ein- und Ausströmrandflächen aufgeteilt
und für
jeden dazu gehörenden
einzelnen, ununterbrochenen Flächenschnitt
werden entsprechende Arten von Randbedingungen festgelegt. Diese
benötigen
zeitlich und räumlich
aufgelöste
Randdaten. Entsprechende Angaben können aus individuellen Messungen
am Patienten errechnet oder auch bereits vorhandenen Datenbanken
entnommen werden. Es gibt eine Vielzahl von publizierten Verfahren
zur Ermittlung, signaltechnischen und statistischen Nachbearbeitung,
Modellierung und Anwendung von solchen Daten. Es werden auch geeignete
Volumenkräfte
angenommen, die den pulsierenden Charakter der untersuchten Blutströmungen bestimmen
und auf physiologischen Messungen basiert sind.
Die
Gitterrastergröße des Rechengitters
wird abhängig
von den Abmessungen des ausgewählten Gefäßbereiches
ausgewählt
und ist nicht zwangsläufig
an die Größe der Geometriedaten
gebunden. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
sind die Möglichkeit
der lokalen Verfeinerung sowie auch der Vergröberung des Gitter schrittes
auf der Basis einer automatischen Gebietszerlegung und Geometrieanalyse sowie
einer Angabe der voraussichtlichen Flußmengen vorgesehen.
Für die zeitliche
Bestimmung der Fluidströmung
ist bei einigen Anwendungen eine stationäre (zeitunabhängige) Lösung der
Strömungsaufgabe ausreichend,
um diagnostische Aussagen zu beeinflussen. Eine solche Lösung ist
einfacher und schneller als eine zeitperiodische (pulsierende) Lösung auszuführen. Die
komplexe Berandung des Strömungsgebiets
beeinflußt
maßgeblich
die gesamte Druck- und Massenflußverteilung und wird so in
allen Fällen
als erstes bestimmt. Zur Beschleunigung dieser Simulationsphase
werden eine Linearisierung der Dynamik (Stokessche anstatt Navier-Stokes-Gleichung)
und, falls sinnvoll, ein für
LBM spezialisiertes Mehrgitter-Verfahren (Multigrid) verwendet.
Falls erwünscht,
wird daraus dann eine zeitabhängige
Lösung
berechnet, die durch angegebene, synchronisiert zeit-periodische
Druckdifferenzen an den Ein- und Ausflußrändern und Volumenkräften im
Inneren des Strömungsgebiets
angetrieben wird. In dieser Simulationsphase haben die numerischen
Iterationen die physikalische Bedeutung von Zeitschritten. Für LBM sind
100 bis 800 Schritte pro Pulsperiode je nach Genauigkeitsanforderungen
ausreichend. Für den
Kreislauf eines erwachsenen Menschen ist die Durchschnittsdauer
einer Pulsperiode ca. 0,8 Sekunden, so daß jeder (explizite) Zeitschritt
des LBM-Lösers
etwa 1 bis 10 Millisekunden entspricht. Die Konvergenz aller interessierenden
Größen auf
einen zeitperiodischen Verlauf wird stets gemessen und die Simulation
dann unterbrochen, wenn eine ausreichende Näherung an ein periodisches
Verhalten erhalten wird oder ein Zeitlimit überschritten wird. Noch bei
Simulationsanfang wird dem Benutzer automatisch angekündigt, welche
Anzahl von simulierten Pulsperioden diesem Zeitlimit entspricht
und ob diese nach vorhandenen Regeln und Heuristiken ausreicht,
um die gewünschten
Größen mit
der gewünschten
Genauigkeit berechnet zu können.
So wird eine Optimierung des Rechenaufwands bereits vor der möglicherweise
aufwendigen Simulation ermöglicht.
Das
erfindungsgemäße Verfahren
kann gemäß verschiedenen
Alternativen entweder schnell oder hochgenau durchgeführt werden.
Es können beispielsweise
bewegte Wände
simuliert werden, wobei das Verfahren genauer, aber wesentlich aufwendiger
als bei der Annahme von starren Wänden ist. Bei kleineren und
besonders bei intracraniellen (sich innerhalb der Schädelhöhle befindenden)
Gefäßen sowie
beispielsweise, wenn die Beschaffenheit der Gefäßwände unbekannt ist, kann auf
die Mitberechnung der Wandbewegung verzichtet werden.
Ein
alternatives Einsatzszenario sieht vor, die Gefäßbewegung, die einschließlich von,
aber nicht nur durch die Wandpulsation bestimmt ist, aus mehreren
und somit Zeit-aufgelösten
Tomographieaufnahmen zu ermitteln, anstatt sie als Teil der modellierten
und simulierten Dynamik bei jedem Zeitschritt der Simulation neu
berechnen zu müssen.
Bei diesem Szenario ist also die Kopplung zwischen Fluid und Wand
einseitig: Die Wandbewegung induziert eine Strömung, aus der die Wandbelastung
dann ausgerechnet werden kann, diese Belastung wird aber dann nicht
als Antrieb der weiteren Wandbewegung betrachtet und es wird keine
Wandbewegung simuliert, da sie aus den Aufnahmesequenzen bereits
bekannt ist.
Wenn
Wand-Scherspannungen bestimmt werden sollen, müssen die Wände mit hoher Genaugikeit dargestellt
werden, wofür
LBM-Randbedingungen zweiter Ordnung, die aus der Literatur bekannt sind,
verwendet werden können.
Diese und weitere, alternative Rechenverfahren im Wandbereich sind aufwendiger
als das einfache Bounce-back-Verfahren (BBL) und führen im
Gegensatz zu ihm zu einem geringen "Massenverlust" wärend
der Simulation. Doch bei ausreichender Auflösung sind weder dieser Verlust
noch der Fehler bei der diskretisierten Variante der Inkompressibilität der Strömung bedenklich. Bei
gewissen Fragestellungen, z.B. Behandlungen von intracraniellen
Aneurysmen oder bei Analysen der Durchströmbarkeit von ganzen Zweigen
des Gefäßsystems,
kann auf das BBL zurückgegriffen
werden.
Meistens
werden die dargestellten Gefäßabschnitte
einen Gefäßstrukturteil
enthalten. Hierunter sollen insbesondere Deformationen und Störstellen verstanden
werden, beispielsweise Implantate oder Geometrieänderungen wie Aneurysmen und
Stenosen. Diese können
räumlich
vorhanden sein oder anhand von gespeicherten Datensätzen synthesiert und
in die Gefäßdarstellung
eingebaut werden, um die sich entsprechend ergebenden Strömungs- und/oder
Druckverhältnisse
zu bestimmen. Umgekehrt können
auch in der Realität
vorhandene Gefäßdeformationen
virtuell von der Gefäßdarstellung
entfernt werden, um beispielsweise die Effizienz und die langfristigen
Auswirkungen einer Erweiterung des durchströmbaren Lumens zu untersuchen.
Letzteres kommt in Frage z.B. bei Kranzgefäßoperationen zur Linderung
von Stenosen oder bei "Clipping" von Aneurysmen und
von arteriellen Zweigen in der Neurochirurgie.
Die
Verwendung ausschließlich
von regelmäßigen 3D-Datengittern
bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
führt zu
einem Sprung in der Effizienz und der Standardisierung von simulationsgestützten Untersuchungen.
Dies basiert auf den folgenden Merkmalen: Es werden dieselben und
als ausreichend feinmaschig angenommenen Rastergitter direkt oder
nach einer vollautomatischen und sehr schnellen Abbildung bzw. Interpolation
in der Koordinatenrichtung, die der Hauptache des Aufnahmegeräts entspricht,
auf kollineare, teilweise überlappende Gitter
mit kubischen Voxeln verwendet. Diese Voxelgitter können dann
für die
Bestimmung des Strömungsverlaufs
unmittelbar verwendet werden. Eine Spezifikation der Abbildung in
Abhängigkeit
von der Größe, Krümmung und
Verzweigung der betrachteten Gefäßstruktur
ist Bestandteil des Verfahrens. Es ist keine aufwendige geometrieangepaßte Generierung
von unstrukturierten 3D-Rechengittern erforderlich, um alle Einzelheiten
der Gefäßgeometrie
mit guter Auflösung
darzustellen. Dies hat dramatische Verminderungen der Komplexität und der
Gesamtdauer der Simulation zur Folge.
Die
Rekonstruktion der Gefäßgeometrie
bezieht sich auf mehrere Raumteile, die sich in ihrem Abstand von
der untersuchten Gefäßmalformation sowie
auch in der jeweils benötigten
Auflösung
und Modellierungspräzision
unterscheiden. Die Rekonstruktion ist schnell auf aktuellen Rechnern,
kann aber nur teilweise automatisiert werden. Die Abmessung des
zu untersuchenden Gefäßabschnitts,
z.B. der Umfang einer Malformation selbst und der Raumteile von
klinischem, Interesse in dessen Umgebung ist von individuellen Unterschieden
in der Gefäßgeometrie
und der Art und Ursachenlage der Beschwerden mitbestimmt und kann
interaktiv bestimmt werden.
Um
eine robuste Strömungssimulation
mit der beschriebenen Art von regelmäßigen Gittern bei allen zu
erwartenden Geometrien zu ermöglichen, wird
eine angepaßte
Variante der Lattice-Boltzmann-Methode zum Einsatz gebracht, bei
der das Rechengitter zerlegt wird und die Teile des Gitters eliminiert
werden, die keine durch- oder angeströmten Voxel enthalten. Im Vergleich
mit CFD-Standardverfahren wird dadurch einerseits eine hohe Effizienz auch
auf hochparallelen Rechnerarchitekturen und andererseits weniger
Abhängigkeit
von der Komplexität
der Geometrie und des Rechengitters erzielt.
Der
gesamte Arbeitsvorgang kann anhand von Meßdaten vollzogen werden, die
ausschließlich mit
minimal-invasiven und nicht-invasiven Verfahren erfaßbar sind.
Das
Verfahren liefert vierdimensional (zeitlich und 3D räumlich)
aufgelöste
Vorhersagen über den
Verlauf der Blutströmung
durch Arterien in der Nähe
von typischen Malformationen wie Stenosen oder Aneurysmen. Dadurch
können
auftretende mechanische Belastungen und der Zusammenhang zwischen
Gefäßgeometrie,
Hämodynamik
und Wandbelastung, die durch physiologische Wandmodellierung wiederum
die Gefäßgeometrie
beeinflußt,
untersucht und besser vorhergesagt werden.
Das
erfindungsgemäße Verfahren
kann bei der individualisierten Untersuchung möglicher mechanischer Ursachen,
die mit der ge nauen Raumstruktur der Blutgefäße eines Patienten verbunden sind,
für die
Entstehung von Gefäßmalformationen und
dessen Weiterentwicklung angewendet werden. Aufgrund der hohen Effizienz
können
so Diagnose und Prognose individuell für mehrere Patienten an einem
Tag mit hämodynamischen
Daten unterstützt werden,
die wesentlich umfangreicher und detaillierter im Vergleich zu direkten
Messungen sind und darüber
hinaus keine zusätzliche
Manipulationen am Patienten erfordern. Es ist ein regulärer klinischer Einsatz
der Strömungsuntersuchungen
und auch nachträgliche
Kontrollen von Untersuchungsdaten möglich.
Die
direkte Verwendung von Tomographiedaten im regelmäßigen Voxelformat
erlaubt eine einfache und gleichzeitig zuverlässige Untersuchung der Wirkung
bereits im Körper
befindlicher Implantate (Stents, Coils, usw). Da Modelle für die biomechanische
Reaktion von Blut (etwa durch Koagulation oder Verdünnung) und
von Gefäßwänden auf
mechanische Spannungen zur Verfügung
stehen, kann die Wahrscheinlichkeit von klinisch wichtigen Folgen
der Einführung
von Implantaten durch eine Serie von Simulationen individuell eingeschätzt werden.
Beispiele solcher Folgen sind die Hyperplasie und Restenose, die
Wochen nach einer Stentimplantation auftreten können, die erwünschte Verdichtung
eines Aneurysmenlumens infolge einer durch Implantate (z.B. GDC)
verursachten Blutkoagulation oder die später mögliche unerwünschte Rekanalisierung
des Aneurysmenlumens, sowie in jedem Fall eine Gefahr von Embolien
stromabwärts
von dem Ort des Implantats.
Eine
weitere wichtige Anwendung ist die "virtuelle Angioplastie", die eine detaillierte
Vorhersage der klinischen Folgen von geplanten, aber noch nicht operativ
durchgeführten
Einsätzen
von Implantaten oder von vasoplastischer Chirurgie erlauben wird. Die
tomographisch aufgenommene Gefäßgeometrie kann
nach softwaregestützter
Erkennung der räumlichen
Struktur der Gefäße virtuell
verändert
werden, z.B. indem Gefäße verschlossen
oder mit Implantaten versehen werden. Die entstehende neue Gefäßgeometrie
entspricht dann nicht dem aktuellen Zustand des Patienten, sondern
der Vorstellung des Arztes, wie die Blutgefäße des Patienten nach einem Eingriff
aussehen sollen. Diese virtuelle Gefäßgeometrie kann als Grundlage
für numerische
Simulationen und auf dessen Basis für quantitative Aussagen über die
Hämodynamik
und Wandbelastung dienen, genau so gut, wie die ursprüngliche,
direkt aus Tomographiedaten gewonnene Geometrieinformation.
Die
Einschränkungen
im Umfang möglicher Anwendungen
sind im wesentlichen auf Einschränkungen
bei den Aufnahme- und Registrationsverfahren zurückzuführen. Der Herz- und Lungen-Bereich unterliegt
einer nicht unterdrückbaren
starken Bewegung. Durch die Erfindung ist es möglich, bei Einsatz der Verfahrensmöglichkeiten,
insbesondere der dynamischen Kopplung von Blutstrom und Wandbewegung,
auch die Blutströmung
im Herzen und/oder den Kranzgefäßen zu berechnen.
Venen sind schwer zu modellieren und oft auch schwer mit Tomographie genau
zu lokalisieren. Kleine Gefäße (Stenosen
unter 2 mm Durchmesser und Aneurysmen unter 4 mm) sind aufgrund
begrenzter CT-Auflösung
(ca. 0,5 mm) zur Zeit nicht zuverlässig abschätzbar.
Die
Strömungssimulation
ist derzeit das zeitaufwendigste Element des Verfahrens. Mit dem
Einsatz der Lattice-Boltzmann-Methode und von kleineren Hochleistungsrechnern
(2 bis 8 Prozessoren), die nur für
einen Bruchteil der Kosten eines Tomographen (z.B. CT oder MRI)
zu erwerben sind, kann die Dauer einer typischen Simulation in einfacheren
neurochirurgischen Anwendungen bereits auf 1 Stunde reduziert werden.
Die Vorbereitung der Simulation einschließlich Segmentierung, 3D-Rechengitter,
Verfeinerung, Angabe von Randbedingungen, usw. soll im Durchschnitt
5 bis 10 Minuten betragen und die Auswertung der Simulationsergebnisse
5 bis 20 Minuten, incl. Archivierung der benutzten Gefäßgeometrie,
Randdaten, des konvergierten Strömungszustandes,
der für
weitere Simulationen, z.B. für
eine "virtuelle
Angioplastik" gebraucht
werden kann, sowie ausgewählte, über die
Zeit integrierte Simulationsergebnisse. Das Verfahren ist damit
nicht für
Notfallbehandlungen geeignet, dagegen aber bei der Therapieplanung
und der nachträglichen
Kontrolle als Standardmittel zur klinischen Unterstützung verwendbar.
Die
Methode kann auch als Upgrade für
bereits im Einsatz befindliche Tomographieapparaturen eingebaut
werden. Benötigt
werden dazu aktuelle leistungsstarke Rechnercluster und herstellereigene Interfacesoftware,
die eine Verbindung mit der Meßapparatur
des Herstellers ermöglicht.
Für spezifische Anwendungsbereiche
wie z.B. Neurochirurgie ist für die
zuverlässige
Simulation eine Scannerauflösung im
Submillimeterbereich notwendig, die bei manchen Tomographiegeräten nicht
erreichbar ist.
Der
Hauptvorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens
für eine
simulationsgestützten
Therapieplanung und Kontrolle besteht in der Automatisierung, Standardisierung
und Beschleunigung von Blutstromsimulationen in Adern. Eine Segmentierung der
dreidimensionalen geometrischen Daten ermöglicht die Darstellung der
Gefäßwände. Von
entscheidender Bedeutung ist der Einsatz von regelmäßigen Datengittern
bei allen Stufen der rechnerischen Bearbeitung und insbesondere
bei der Lattice-Boltzmann-Methode (LBM) für die Strömungssimulation. Alle bisher
publizierten Simulationen, die auf individuellen Tomographiedaten
von Patienten basieren, sind mit anderen Verfahren (FVM, FEM) durchgeführt worden.
Es sind nur einzelne Versuche bekannt, LBM zur Blutstromsimulation
einzusetzen, der Aufbau der durchströmten Geometrie ist dabei stets
nicht in Zusammenhang mit Daten von individuellen Patienten gebracht
worden. Auch bei den Simulationen mit herkömmlichen Verfahren (FVM, FEM)
ist der Einfluß des
Strömungsgebietsumfangs
nicht untersucht worden. Der Einfluß von Randbedingungen am Ein-
und Ausströmort
und von der räumlichen
Auflösung
ist nur selten und dann nur empirisch untersucht worden, ohne daß dabei
eine Zuverlässigkeitsregel
(z.B. in Form eines Fehlerintervalls) festgelegt worden wäre. Die
virtuelle Chirurgie ist als zukunftsträchtiges Mittel der simulationsgestützten Therapieplanung
bereits diskutiert worden, allerdings nur in einem Zusammenhang
mit Koronararterien und Aortensegmenten. Dabei ist die gegenwärtige Machbarkeit
von, 3D-Simulationen für
die klinische Praxis negativ eingeschätzt worden.
Erst
das erfindungsgemäße Verfahren
mit räumlich
dreidimensional aufgelöster
Blutstromsimulation stellt eine mit vorhandener Hardware umsetzbare
Option für
simulationsgestützte
Diagnostik und Therapieplanung von Gefäßmalformationen dar. Wichtig
ist die Festlegung des erforderlichen Umfangs (eine ausreichend
weite Umgebung der Malformation, je nach Typ, nach Komplexität der Gefäßstruktur
in der Umgebung, und nach individuellen Besonderheiten) und die
erforderliche (räumliche
und zeitliche) Auflösung
der Blutstromsimulation und dementsprechend die der mit Tomographieverfahren gewonnenen
Ausgangsdaten. Des weiteren entscheidend ist die durchgehende Verwendung
nur von regelmäßigen Datengittern,
was sowohl die Effizienz als auch die Genauigkeit bei den einzelnen
Schritten des Verfahrens verbessert.
Für die Durchführung des
Verfahrens werden keine Fachleute auf dem Gebiet der Strömungsmechanik
mehr gebraucht. Es werden Schnittstellen für die Einführung von biomechanischen,
zytologischen und anderen (für
die Darstellung der normalen und krankhaften Remodellierung von
Gefäßen relevanten)
Modellen vorgesehen. Dadurch können
zusätzliche
wichtige Einflüsse
auf die Hämodynamik und
Gefäßwandbelastung,
z.B. durch Wandpulsation, Blutrheologie und Koagulation, transiente
und systematische Änderungen
in dem biochemischen Verhalten von Wandzellen usw. mitberechnet
werden.
Das
erfindungsgemäße Verfahren
eignet sich als Standardmethode zur simulationsgestützten Diagnostik,
Therapie und Kontrolle von Blutgefäßmalformationen, somit zur
Diagnostik, Therapieplanung und Kontrolle von vielen Symptomen in
der Kardiologie, Neurologie und Gefäßchirurgie algemein und ist
im Gegensatz zu den bisherigen 3D-Blutstromsimulationsverfahren
in jeder aktuell ausgerüsteten
Klinik verwendbar.
Das
erfindungsgemäße Verfahren
basiert auf folgenden Vorausset zungen:
Es müssen räumlich aufgelöste Tomographiedaten (3D
von näherungsweise
unbewegten Körperteilen oder
4D, also einschließlich
Zeitabhängigkeit,
bei Herz und Lungen) vorhanden sein. Die Möglichkeiten der vorhandenen
Tomographiehardware beschränken
dadurch die Anzahl und Lage der behandelbaren Gefäße.
An
allen proximalen Endquerschnitten (in bezug auf die vorhandene räumlich beschränkte Abbildung,
die als Geometrieangabe für
die numerische Simulation benutzt werden soll) von Arterien muß eine unabhängige zeitlich
aufgelöste
Meßinformation über den
Volumenstrom oder den Blutdruck vorliegen. Blutflußinformation
kann z.B. durch Ultraschallmessungen mit Doppleranalyse (ein schnelles
Verfahren, das bei ausreichend großen Gefäßen standardmäßig eingesetzt
wird) oder durch MRI-Doppler-Verfahren gewonnen werden. Zur Abmessung des
Druckverlaufs in größeren Adern
steht eine Reihe von meistens nichtinvasiven Verfahren zur Verfügung.
Modelle
für das
mechanische Verhalten von gesunden und beschädigten Gefäßwänden, sowie für den räumlichen
Verlauf der Lumen-Querschnittsfläche kleinerer
Gefäße werden
für eine
vollständige Modellierung
und Simulation benötigt.
Entsprechende Information ist in der Fachliteratur vorhanden, siehe
z.B. G. A. Holzapfel and R. W. Ogden, eds., "Biomechanics of soft tissue in cardiovascular
systems", CISM courses
and lectures 441, Springer, Wien, 2003. Für manche Anwendungen ist sie
allerdings noch nicht ausreichend und so werden dann entweder 4D-Aufnahmen
oder die Annahme von starren Wänden
in Zusammenhang mit 3D-Aufnahmen verwendet.
Im
folgenden wird das erfindunsgemäße Verfahren
mehr im einzelnen erläutert.
Der Kern des Verfahrens ist eine direkte numerische Simulation (DNS) des
Blutstroms in der Nähe
von arteriellen Malformationen, die mit Standardverfahren der Angiographie individuell
und zuverlässig
bei Patienten festgestellt werden können. Das Verfahren beruht
auf drei Hauptschritten, die im wesentlichen bei jeder Anwendung
von CFD-Software durchgeführt
werden müssen.
Pre-Processing:
Die Geometrie des durchströmten
Raumgebietes (Gefäßsystem)
und die passenden Randbedingungen werden festgelegt. Entsprechend
wird ein System von Rechengittern ausgelegt, die zusammen das gesamte
durchströmte Volumen
decken und die erforderliche räumliche
Auflösung
lokal gewährleisten,
wobei jedes einzelne Gitter nur kubische Voxel einer entsprechenden
Größe hat und
die minimale und maximale Gittergröße an die Architektur des verwendeten
Rechners bei der Installation der Software optimal angepaßt werden kann.
Processing:
Eine numerische Simulation der pulsierenden Blutströmung durch
die festgelegte Geometrie wird so lange durchgeführt, bis eine verläßliche Auswertung
der Strömungsparameter
von Interesse möglich
ist (numerisch konvergierte Lösung
im weiter oben beschriebenen Sinne vorhanden ist), einschließlich raum-
oder möglicherweise
auch zeitgemittelte Statistiken.
Post-Processing:
Die Simulationsdaten werden ausgewertet und visualisiert. Räumlich verteilte Felder,
z.B. Schwankungsamplituden der Scherspannungen an gewählten Abschnitten
der Gefäßwände oder "Turbulenzintensität" nach Zeit-Mittelung im
Inneren eines Gefäßlumens,
sowohl wie auch einfache Zeitreihen, z.B. Des Druckverlaufs an Kontrollpunkten
innerhalb von Aneurysmen, und charakteristische Einzelwerte, wie
z.B. räumlich
gemittelte Oszillationsindizes oder Massenfluß-Verteilungen an Gefäßbifurkationen,
werden berechnet und für
die Abschätzung
des Einflusses von hämodynamischen Faktoren,
aber auch von Ungenauigkeiten bei der Modellierung und der numerischen
Approximation der berechneten Dynamik bereitgestellt.
Bei
jedem dieser drei Hauptschritte im Arbeitsprozeß laufen folgende neue Maßnahmen
ab, die die Effizienz und Genauigkeit erhöhen und die Standardisierung
erleichtern: Die Verwaltung aller Datengitter ist vollautomatisiert.
Alle dreidimensionalen (3D) Daten werden ausschließlich auf
regelmäßigen, rechteckigen
und so oft wie möglich
auf isotropen Gittern dargestellt. Dadurch können die schnellsten und höchstpräzisen Versionen
der jeweiligen Algorithmen zur numerischen Glättung, Differenzierung, Integrierung,
usw. eingesetzt werden.
Für die DNS
der Navier-Stokesschen Strömungsmechanik
wird eine Lattice-Boltzmann-Methode eingesetzt. Dadurch wird auch
bei sehr komplizierten Gefäßgeometrien
einerseits eine optimale Rechenleistung auch auf Parallelrechnern
gesichert und andererseits eine zuverlässige Bestimmung aller hämodynamischen
Parameter gewährleistet,
insbesondere des Drucks in vielfach verzweigten Gefäßsystemen
und der viskosen Spannungen in der Nähe von Gefäßwänden. So ist aus eigener Forschung
bekannt, daß es
zur DNS Auflösung
auch der am stärksten
fluktuierenden Moden (Womersleyzahlen bis ca. 20), die zur realistischen
Darstellung einer pulsierenden Strömung besonders in Wandnähe noch wichtig
sind, eine mäßige räumliche
Auflösung
von 15 bis 25 Gitterpunkten im Gefäßdurchmesser bei Verwendung
von LBM ausreicht, wobei die Wandschichten, in denen sich die höchsten Moden
lokalisieren, mit nur 3 bis 5 Gitterpunkten dargestellt werden.
Eine entsprechende Gittergröße in der "Region of Interest" kann (automatisch)
und soll während
des Preprocessing gewährleistet
werden und kann danach während
der Lösungsschritts
leicht von der LBM bearbeitet werden.
Es
sind Vergleiche zwischen LBM und FVM bekannt, die wesentliche Vorteile
der LBM erkennen lassen, z.B. Diese zeigen, daß bei Strömungsgebieten mit komplexer
Geometrie die LBM eine wesentlich geringere Anzahl von Gitterpunkten
braucht, um eine vergleichbare Genauigkeit bei der Ermittlung des
stationären
Druckverlusts zu erreichen. Bei turbulenten Strömungen hat ein Vergleich mit
Pseudospektralverfahren, die von höchster Genauigkeit sind, eine
vergleichbare Genauigkeit der berechneten Statistiken sowie Geschwindigkeitsvorteile
bei Gittergrößen über etwa
100 Punkte in einer Koordinatenrichtung. Da etliche Spektralverfahren
nur sehr schwer bei komplexen Geometrien einsetzbar sind, konkurriert
LBM in solchen Fällen
mit FEM und FVM. Aus der Literatur ist es bekannt, daß FEM sehr
zeitaufwendig und recht kompliziert in der Anwendung auf Blutgefäßströmungen sind.
Eigene Vergleiche mit kommerzieller CFD-Software auf FVM Basis haben gezeigt,
daß die
Berechnung einer stationären
Lösung
mit der FVM-Software, die Gebrauch von fortgeschrittenen Mehrgitter-Verfahren
(Multigrid, MG) macht, eine mit LBM ohne MG vergleichbare Rechenzeit
in Anspruch nimmt. Durch den Einsatz von MG für LBM kann bis zu eine Größenordnung
an Beschleunigung erreicht werden. Die grundsätzliche Beschreibung des LBM-MG
ist bereits im Internet zu finden zusammen mit einer begründeten Auswahl
einer bestimmten Vorgehensweise aus einer Reihe von sich theoretisch
anbietenden Alternativen. Bei der Simulation von pulsierenden Strömungen hat derselbe
Vergleich einen Vorsprung der LBM (ohne MG) von wenigstens einer
Größenordnung
in der Rechenzeit bereits gezeigt. Mittels eines solchen Mehrgitter-Verfahrens
können
die stationären
Skalar- und Vektorgrößen für die Lattice-Boltzmann-Methode schneller
bestimmt werden.
Durch
diese und weitere unten beschriebene Merkmale ist das erfindungsgemäße Verfahren
viel einfacher, weitgehend automatisierbar und wesentlich präziser und
schneller bei der Ermittlung von klinisch relevanten Strömungsmustern
und hämodynamischen
Belastungen.
Für das Pre-Processing
werden zwei Arten von Eingaben von dem hier beschriebenen Verfahren benötigt: 3D-Tomographie-Daten,
die das Blutgefäßgewebe
unterscheiden lassen, und zeitabhängige Messungen des Blutstroms
in Adern, die sich proximal in der Nähe der untersuchten Malformation
befinden. Um eine zuverlässige
Geometrieerkennung und danach auch Strömungssimulation zu gewährleisten, werden
Anforderungen an die Auflösung
der Eingangsdaten gestellt: Ein Pulszyklus muß durch die Angabe von mindestens
16 unabhängigen
Datenaufnahmen, die unterschiedli chen Zeitphasen in einem Zyklus
entsprechen, davon mindestens 8 in der Systole und 8 in der Diastole
bei einem gesunden Herzzyklus, mit zureichender Zeit-Auflösung definiert sein.
Die räumliche
Auflösung
von Geschwindigkeitsprofilen darf nicht mehr als 3 mal gröber (das Verhältnis bei
einem Vergröberungs/Verfeinerungs-übergang
bei benachbarten Gitterblöcken) sein
als die des Rechengitters, das die Rand-Daten empfangen soll. Im
Gegenteil muß auf
die bei CFD-Software übliche
globale Randbedingungsart, bei der ein Gesamtmassenfluß durch
einen gewählten
Querschnitt angegeben wird, zurückgegriffen werden.
Die
zur Erstellung von Eingabedaten typischerweise verwendeten Tomographie-Daten
(CT, MRT, etc.) werden als 3D-Datensatz aus Grauwerten, die auf
einem regelmäßigen Gitter
im physikalischen Raum (und nicht in dem Frequenzraum) gegeben sind,
erwartet, in Zusammenhang mit entsprechenden Grauwertintervallen
und Filterfunktionen, die wie bei der in der medizinischen Bildgebung üblichen
Segmentierung zur Angabe der Unterscheidungsschwellen benutzt werden.
Die Vorbereitungsphase, in der diese Angaben vom Anwender erst festgelegt
werden müssen,
kann so mit bestehender, herstellerspezifischer medizinischer Software
durchgeführt
werden. Üblicherweise
liegen in der Klinik solche Grauwertdaten in einer Variante des
DICOM-Formats vor, typischerweise als eine Vielzahl von 2D-Aufnahmen
in parallelen Schichten vorgegeben. Die nominale Auflösung (der
aus der DICOM-Datei abzulesende räumliche Gitterschritt) innerhalb
einer Schicht darf dabei in einem Verhältnis der Gitterschrittgrößen von
nicht weniger als 1:3 zur Auflösung in
der dritten, axialen Koordinatenrichtung stehen. (Das ideale und
bisher maximale Verhältniss
von 1:1 wird erst in den neuesten Geräten und dann nicht bei allen
Meßverfahren
erreicht.) Die Überprüfung, ob die
so angegebene Auflösung
der tatsächlichen
technischen Auflösung
während
der Datenaufnahme entspricht, kann nicht immer automatisch erfolgen
und muß gegebenenfalls
vom Anwender durchgeführt werden.
Es wird also angenommen, daß die
axiale Auflösung
nicht wesentlich schlechter ist als die entlang den Schnittebenen.
Die gröbere
von den beiden Auflösungen
muß aus reichend
sein, um alle Durchmesser von Gefäßen, die in dem Gebiet von
Interesse (Region of Interest) mitberechnet werden sollen (also
in der segmentierten Geometriebeschreibung) mit wenigstens 4 Voxeln
in der Eingabedatei erscheinen zu lassen. Man hat z.B. eine Ader
von 10 mm Durchmesser, die einen Abschnitt mit 75 % Stenose vorweist.
Wenn dieser Abschnitt im interessierenden Gebiet liegt, darf die
Auflösung
nicht gröber
als 0,6 mm pro Pixel sein. Bei Aneurysmen muß ihr Hals mit wenigstens 4
und der kürzeste
Durchmesser ihres Sacks mit wenigstens 6 Voxeln dargestellt sein.
Bei einer isotropen Auflösung
von 0,4 mm, wie sie zur Zeit mit dem neuen 64-Zeiler-CT-Gerät von Siemens erreichbar
sein soll, können
Aneurysmen bis 3 mm und Adern von 1,5 bis 2 mm behandelt werden.
Die
zweite Art von erwarteten Angaben sind Puls-, Blutdruck- und Blutstromvolumen-Daten,
die es erlauben, Einström-Randbedingungen
für die DNS
mit ausreichender Präzision
festzulegen. Eine Reihe von nichtinvasiven und minimal-invasiven, weitgehend
standardisierten Verfahren stehen für die unabhängige Bemessung dieser Parameter
zur Verfügung.
In G. Pedrizzetti and K. Perktold, eds., Cardiovascular fluid mechanics,
CISM courses and 1ectures 446, Springer, Wien, 2003 kann z.B. eine Übersicht
bestehender Ultraschall-Meßverfahren
zur Bestimmung von Geschwindigkeiten und Scherspannungen gefunden
werden. Die räumliche
Verteilung der Blutstrom-Geschwindigkeit in Querschnitten von mittelgroßen und
kleineren Adern, die für
die Angabe von Ein- und
Ausström-Randbedingungen
benötigt wird,
ist für
standardisierte klinische Anwendungen auch in vorhersehbarer Zukunft
nicht als meßbar
zu betrachten, mit der möglichen
Ausnahme von großen Adern,
die nahe unter der Haut und nicht von hartem Gewebe gestützt liegen,
was z.B. bei der Carotisarterie bis über ihre Bifurkation hinaus
auch gegeben ist. Für
die haufigsten Fälle
von tiefer liegenden Adern muß eine
Datenbank erstellt werden, die aus der lokalen Reynoldszahl (aus
Ultraschall oder sine-contrast MRI oder auch Schätzwerten) und Gefäßkrümmung (aus
CT, MRT) ein plausibles Geschwindigkeitsprofil errechnen läßt. Dazu
müssen
eine Reihe systematischer hydrodynamischer Berechnungen und anschließender medizinischer
Verifikationstests durchgeführt
werden. Diese Daten sollen eine räumliche Auflösung von
mindestens 20 Voxeln im Lumendurchmesser vorweisen. Die optimale
zeitliche Auflösung,
die für
die Angabe der systolischen Pulsphase in der DNS benötigt wird,
entspricht einem gleichmäßigen Zeitschritt
von 4% der Gesamtdauer einer Pulsperiode oder auch kürzer, bis
1%, in Bereichen mit sehr steilem oder kompliziertem Pulsverlauf,
wie z.B. in den ersten Aortenverzweigungen. In den meisten praktischen
Fällen
ist diese Genauigkeit nicht erreichbar, besonders bei tief liegenden
Adern. Auch dieses Problem soll durch eine Datenbank von Pulsmustern
gelöst
werden, die es erlaubt, aus einfachen Druckverlauf-Messungen (siehe
weiter oben Angaben minimaler Zeitauflösungen) mit Einbezug von weiteren
Angaben, wie Alter, Geschlecht und algemeinem Gesundheitszustand
des Patienten, Lage des Gefäßes etc.,
einen plausiblen Pulsverlauf in der Nähe der untersuchten Malformation
zu errechnen. Es bleibt nicht festgelegt, ob für diesen Zweck auch Korrelationen
und TFM (transfer function method) für bestimmte Körperteile
zuverlässig
zum Einsatz gebracht werden können.
Geometriebestimmung:
Um den Einfluß von unvermeidlichen
Fehlern bei der Angabe von Ein- und Ausström-Randbedingungen (EARB) zu
vermindern, sollen diese Randbedingungen nur weit genug von der
untersuchten Malformation angegeben werden. Dabei wird damit gerechnet,
daß wirbelerzeugende
Merkmale der Gefäßgeometrie
(wie Bifurkationen und starke Krümmungen)
die lokale Struktur der Strömung
stark beeinflussen und damit den Einfluß von Details bei der Angabe
der EARB reduzieren. Sowohl aufwärts
als auch abwärts
der Hauptrichtung der Blutströmung
sollten die Ein- bzw.
Ausström-Randflächen weiter
als die ersten zwei Krümmungen
und der ersten Bifurkation von dem Ort der Malformation entfernt
liegen. In den Fällen,
wenn die Anatomie oder der Umfang der vorliegenden Tomographiedaten
dies ausschließt
(typischerweise im Einströmungbereich),
wird eine Untersuchung des Einflusses der EARB auf die Strömungsstruktur
der entsprechenden numerischen Lösung
empfohlen, die im Vergleich zu wenig stens zwei Varianten der Simulation,
die sich nur durch das Profil oder die Art (Druck oder Massenfluß) der Einströmungs-Randbedingung unterscheiden,
besteht. Die automatische Verifikation der EARB Bedingungen ist
möglich,
erfordert allerdings eine (wiederum automatische) topologische Gefäßstruktur-Erkennung
und dafür
auch eine gute räumliche
Auflösung
der Tomographie-Daten weit distal von der Malformation. Falls eine
solche Auflösung
nicht erreichbar ist, oder die Gefäßstruktur außerordentlich
kompliziert ist, muß die
Auswahl der Randflächen
von einer Bedienungsperson, z.B. einem Arzt, getroffen werden. Diese
Notwendigkeit wird automatisch signalisiert. Es wird zusätzlich verlangt,
daß alle
größeren Gefäße (im Gegensatz
zu "kleineren Gefäßen", siehe unten) mit
dargestellt werden, die mit dem Ort der Deformation (Stenose, Aneurysma,
Stent, Bypass, etc.) innerhalb einer Kugel mit Durchmesser 3 L direkt
mit der Deformation verbunden sind, wobei L die Länge (den
größten Durchmesser)
der untersuchten Deformation bezeichnet. Diese Kugel muß zum großen Teil
in dem interessierenden und für
die Strömungsbestimmung berücksichtigten
Gebiet enthalten sein, Gefäße mit einem
Durchmesser unter 30% des effektiven Durchmessers der größten Ader,
die an der Deformation direkt vorbeiläuft, werden als "kleinere Gefäße" bezeichnet. Solche
Gefäße werden
aus der Geometriebeschreibung automatisch entfernt, wenn sie nicht
direkt in oder vorbei an der Deformation führen. von den verbliebenen
Gefäßen "endet" die Mehrzahl an Randflächen, and
denen Ein- oder Ausström-Randbedingungen
vorgeschrieben werden müssen,
obwohl sie unbekannt sind. An diesen Flächen werden synthetische Randbedingungen
vorgegeben, die dem Massenfluß proportional
zur Querschnittfläche des
jeweiligen Gefäßes (in
bezug auf seine Achse, die von dem oben erwähnten Erkennungsverfahren für die topologische
Struktur der vorhandenen binär segmentierten
Gefäßgeometrie
bereits automatisch berechnet oder mit Entscheidung eines überwachenden
Arztes festgelegt worden ist) und dem dynamischen Massenerhaltungsgesetzes
entsprechend bestimmt werden. Wichtige Gefäße können weit Stromabwärts (distal)
nach der Deformation aus physiologischen oder auch aus technischen
Gründen
schlecht erkennbar werden. In diesen Fällen wird eine Bedienungsperson,
z.B. der Arzt, nur bei der Festlegung des Verlaufs der Gefäßachse gefragt
und unterstützt, während der
Gefäßdurchmesser
anhand von bekannten Näherungsformeln
exponentieller Art extrapoliert wird. Um einen plausiblen Verlauf
der Achse solcher Gefäße zu errechnen,
werden lokale Schwellwertanpassungen, Regularisierung z.B. mit nichtlinearer
Diffusion, angepaßte
Einbeziehung des Grauwertgradienten in die Ortung der Gefäßwand, sowie
weitere bekannte fortgeschrittene Segmentierungsverfahren einbezogen.
Simulationen
von Gefäßen mit
Implantaten (Stents, Coils, aber auch Bypässe) werden mit dem neuen Verfahren
auch individuell patientenabhängig möglich. Die
Geometrie und die mechanischen Eigenschaften des Implantats sollen
dafür bekannt
sein und eine ausreichend aufgelöste
3D-Tomographie-Aufnahme mit dem bereits plazierten, deutlich erkennbaren
Implantat vorhanden sein. Wie auch bei der Darstellung der Wände (als
gekrümmte
Oberflächen
ohne Dicke) und der Achsen (als gekrümmte Linien im 3D-Raum) von
modellierten Blutgefäßen, wird
die eigentliche Lage des Implantats durch gekrümmte geometrische Objekte ohne
Dicke "registriert" (im Jargon der medizinischen
Bildgebung). Diese werden als Deformationen entsprechender, voraus
vorbereiteter geometrischer Modelle des Implantats in einer Referenzlage
(z.B. ein Stent, der in einem geraden oder einfach (mit konstantem
Krümmungsradius)
gebogenen Rohr mit konstantem, kreisförmigem Querschnitt disponiert
ist), die dem vorliegenden Tomographie-Datensatz in einer geeigneten Norm am
nächsten
kommen, erst automatisch bestimmt und danach mit Unterstützung von
bildgebenden Verfahren und durch Simulation ihrer mechanischem (hyperelastischen,
plastischen, oder auch, z.B. bei natürlichen Implantaten, viskoelastischen) Bewegungen
zwischen den Gefäßwänden, dessen Rheologie
wie bei der Berechnung der dynamischen Kopplung von Wand und Strömung modelliert
wird. Nachdem die aktuelle räumliche
Lage des Implantats bestimmt ist, können anhand seiner bekannten
mechanischen Eigenschaften oder auch durch einfache "Verkrümmungsexperimente" mit räumlichen
Abwei chungen, die von der Erkennungssoftware angegeben werden, die
mechanischen Spannungen innerhalb des Implantats sowie auch zwischen
ihm und den Gefäßwänden ermittelt
werden.
Der
fehlende, hämodynamische
Anteil dieser Belastungen wird dann mittels DNS eingeschätzt. Dabei
werden, bei ausreichender Auflösung
der DNS, Coils mit einfacher Geometrie im aktuellen Zustand sowie
Stents als 3D-Körper
dargestellt, in dem ihre angepaßten "Skelette" auf eine Breite
ausgebreitet ist, die der eigentlichen Dicke der Drahtquerschnitte
möglichst
genau entspricht, aber nicht dünner
als 3 Voxel auf dem Rechengitter ist. Bei geringer Auflösung der
DNS müssen
Coil-Bündel
als poröses Medium
modelliert werden, wobei die Porosität aus den Tomographie-Aufnahmen
(bei bereits im Körper vorliegenden
Implantaten) oder aus eigener Erfahrung einer Bedienungsperson,
z.B. des Arztes (bei der medizinischen Planung), geschätzt werden
müssen.
Feinere
Coils sowie Gele, Verklottungen, weiche Plaquen und ähnliches
werden als homogen-poröse
Körper
modelliert. Nicht nur die Porosität, sondern auch die Steifigkeit,
Lösbarkeit,
Diffusionseigenschaften, der Anteil chemisch instabiler Stoffe und
andere Parameter müssen
bekannt sein, um die klinisch relevanten Effekte solcher modellierten
Implantate oder Deformationen vollständig bestimmen zu können. Entsprechende
Stofftransport-Simulationen werden, gemäß dem neuesten Stand der Technik,
einschließlich
Diplomarbeiten am LSTM-Erlangen, mit Finite-Differenzen-Verfahren
auf demselben Rechengitter wie LBM und mit dem LBM-Löser direkt, bei
jedem Zeitschritt gekoppelt, mit Verwendung von Simulationsschemata
und Randbedingungen zweiter Ordnung (also mit der LBM abgestimmt)
durchgeführt.
Für jede dieser
Arten von Objekten sollten deshalb schon im voraus Datensätze mit
repräsentativen
Werten vorhanden sein. Dessen Entwicklung ist kein Bestandteil der
vorliegenden Beschreibung. Auch die Auswahl optimaler Modelle für poröse Medien
läßt sich
nicht eindeutig beschreiben und soll während der Erzeugung der Datensätze bestimmt werden.
Sie müssen
aber die Struktur der Navier-Stokesschen Gleichungen im wesentlichen
behalten, so daß ihre
Berechnung mit LBM mittels einer Einführung entsprechend berechneter "Modellkräfte" und "Modellspannungen" möglich bleibt.
Die geforderten Angaben von Diffusionseigenschaften sollen eine
Berechnung von Fluktuationen in der Temperatur und in der Konzentration
von wichtigen Stoffen und Blutbestandteilen erlauben. Entsprechende
Diffusions-Konvektions-Gleichungen werden in Zusammenhang mit LBM-Simulationen
am besten mittels angepaßter
Finite-Differenzen-Verfahren berechnet.
Rechengitter:
Auch wenn die ursprüngliche Grauwert-Datei
nicht isotrop ist, d.h. wenn der Schritt in der axialen Richtung
nicht gleich dem in den Schnittebenen ist, soll die binär segmentierte
Geometrie auf einem isotropen Gitter dargestellt werden. Ein Vorteil
davon ist, daß numerische
Fehler vermieden werden, die aufgrund von Gitteranisotropien bei allen
Rechenverfahren auftreten und sich bei geringer Auflösung als
wesentlich erweisen. Ein weiterer, eng verbundener Vorteil ist,
daß einfachere
und genauere Varianten der Lattice-Boltzmann-Methode eingesetzt
werden. Die Übertragung
auf ein isotropes Gitter kann sehr effizient mit Filtern und Verfeinern verbunden
werden. Bei der stark gekrümmten
und verzweigten Gefäßgeometrie,
die in den meisten Fällen
behandelt werden soll, sind diese Vorteile von großer Bedeutung.
Wenn das Filtern wesentliche Änderungen
der Topologie zur Folge hat, wird dies signalisiert und dem Benutzer
(z.B. dem überwachenden
Arzt) wird eine einfache Möglichkeit
gegeben, die Filtereigenschaften zu modifizieren oder eine der entstandenen
Topologien als "richtig" auszuwählen. Das Filtern
soll ortsabhängig
sein und im Bereich der untersuchten Gefäßdeformation einem (nicht-isotropen, lokal
angepaßten)
Glättungsoperator
entsprechen, üblicherweise
mit einer Filterbreite von mindestens 3 und maximal 12 Voxeln des
ursprünglichen
Gitters, um nicht-physikalische "Wellen" der Gefäßwand im Bereich
der Deformation zu vermeiden. Die räumliche Auflösung des
entstehenden isotropen Datengitters soll da bei wenigstens 15 bis
20 Voxel entlang der kürzesten
Dimension von "normalen" Gefäßen in der Nähe von der
untersuchten Gefäßdeformation
gewährleisten.
Dieselbe
minimale Auflösung
gilt auch für kleinere
wichtige Gefäße und sogar
besonders bei Stenosen, da in dem verengten Lumen höhere Geschwindigkeiten
und Gradienten auftreten. Nur bei kleineren Gefäßen mit automatisch bestimmten
und typischerweise geringem Ausfluß kann die Auflösung bis
auf 6 bis 12 Gitterpunkte (je nach der Variante des verwendeten
Lattice-Boltzmann-Schemas) im Durchmesser vermindert werden. Noch
kleinere Gefäße (Durchmesser
unter 30% von 18 Voxel) werden modelliert und nicht simuliert. Dabei
wird eine pulsierende laminare Strömung angenommen und eine dritte Datenbank
zum Einsatz gebracht, die eine ausführliche Menge von berechneten
kurzstreckigen Einflußströmungen in
Gefäßen mit
verschiedener Krümmung
enthält.
Das Geschwindigkeitsprofil am Einströmungsrand kann bei diesen Berechnungen
nur mit 2D-Polynomen niedriger Ordnung angegeben werden, da die
Aufgabe darin besteht, Geschwindigkeitsdaten mit kleinem Gradienten,
die aus Flächen mit
Durchmesser unter 5 Voxel stammen, in das modellierte Gefäß "hineinzuextrapolieren".
Eine
Gitterzerlegung mit anschließender
Eliminierung der Teile, in denen keine durchströmten Voxel vorliegen, und einer
Verfeinerung (oder auch Vergröberung,
um unnötig
hohe Auflösung
zu vermeiden) soll nach der Erstellung des isotropen Gitters erfolgen.
Jedes Gitterteil soll ein Quader sein, vernetzt von einem eigenen
isotropen Gitter, dessen minimale Größe von der technischen Spezifikation des
jeweiligen Rechners abhängig
ist, aber 12 Voxel in jeder Koordinatenrichtung nicht unterschreiten
soll, was mit der Effizienz auf Cache-Architekturen, aber auch mit
der Auflösung
im Querschnitt der meisten behandelten Gefäßen verbunden ist. Die ursprüngliche
Unterteilung ist in etwa gleich großen (plus/minus ein Voxel in
jeder Richtung) Blöcken,
die sich um ein Voxel (des ursprünglichen
isotropen Gitters) überlappen.
Nach der Verfeinerung bzw. Vergröberung
darf das Verhältnis
der Gitterschritte in benachbarten Blöcken nur 1:1 oder 2:1 bzw.
3:1 sein. Dies vereinfacht die Kommunikation und erlaubt eine genaue
und effiziente Interpolation zwischen Nachbarteilen. Verfeinerte
Blöcke
werden automatisch in eine entsprechende Zahl von neuen Blöcken unterteilt,
falls die für das
vorhandene Rechensystem empfohlene Gittergröße wesentlich überschritten
wird. Das so beschriebene Verfeinerungsverfahren wird dann rekursiv
wiederholt in Blöcken,
wo dies notwendig ist, bis alle Gefäße gut aufgelöst sind.
Es werden auch die Beschreibungen aller ursprünglichen Blöcke und aller Zwischenstufen-Blöcke bei
der Verfeinerung bzw. Vergröberung
gespeichert. Dies ist sowohl bei der Visualisierung und Archivierung
der Simulationsergebnisse im Algemeinfall wie auch bei der Simulation selbst,
falls LBM-MG verwendet werden, notwendig.
Darstellung
der Gefäßwände: Die
Identifikation der Lage von Gefäßwänden aus
den 3D-Tomographiedaten wurde bereits beschrieben. Diese Lage muß für die DNS
in einer in der Handhabung leichten Datenstruktur behalten werden.
Die einzige Ausnahme tritt auf, wenn das Bounce-back-Verfahren verwendet
wird, als Näherung
der Haft-Randbedingungen an Gefäßwänden, die
als fest und unbeweglich angenommen werden und nur ungenau bekannt
sein dürfen.
Dies ist eine schnelle, einfache und robuste Variante des Verfahrens,
das auch eine exakte Massenerhaltung garantiert. Es ist aber nur
bedingt anwendbar, etwa bei relativ gut aufgelösten Gefäßen, die aber fast unbeweglich
sind (wie z.B. im Gehirn) oder bei Gefäßen, dessen Bewegung unwichtig
für die
Dynamik im Gebiet von Interesse ist. Die Wandinformation wird auf
das starre Rechengitter abgebildet und mit diesem gekoppelt. In
allen anderen Fällen muß die Wandlage
gespeichert und gegebenenfalls auch stets erneut (z.B. bei den starken
Pulsationen einer AAA) werden. Wenn die Wanddynamik berechnet werden
soll, muß ein
mechanisches Model der nichtlinearen Elastizität und (bei großen Abweichungen
oder starken Belastungen, wie z.B. in größeren Aneurysmen) der Plastizität angegeben
werden. Ein Beispiel solcher Modelle ist in Holzapfel & Ogden (a.a.O.,
2003) angegeben.
Es
werden zwei Möglichkeiten
zur Darstellung der Wandlage berachtet. Bei beiden handelt es sich
um eine "genaue" oder "scharfe" Darstellung, was
die eindeutige Berechnung der Wandbelastung erlaubt und die effiziente
Simulation der Wanddynamik erleichtert, aber auch eine Kommunikation
dynamischer Information zwischen dem "Wandgitter" und dem für die Strömungssimulation geeigneten
3D-Rechengitter verursacht. Diese Kommunikation kann mittels des
bekannten "immersed-boundary" Verfahrens oder
einer seiner neueren Varianten wie des "immersed-interface" Verfahrens (siehe oben) erfolgen.
Die
erste Wanddarstellungsmethode ist bei stets kleinen Wandabweichungen
einfacher zu behandeln: Die Verbindungen zwischen benachbarten Gitterpunkten
im isotropen 3D-Rechengitter werden gekennzeichnet, wenn sie eine
Gefäßwand überschneiden,
wobei auch die Lage des Schnitts auf dem 3D-Rechengitter gespeichert
wird. Fälle,
in denen ein Gitterpunkt mit einem Überschneidungspunkt (fast) überlappt,
werden durch "generische
kleine Deformationen",
die lokal angebracht werden können, systematisch
vermieden.
Die
zweite Darstellungsmethode ist klassisch: Es wird ein unstrukturiertes
Gitter (siehe 4) automatisch aufgebaut, z.B.
mit dem Marching-Cubes-Verfahren oder anderen Standardverfahren
der Bildbearbeitung und Bildgebung. CAD-Darstellungen sind auch
möglich,
aber in der Regel zu teuer zu erzeugen. Sie können z.B. bei der Generierung
von Testgeometrien sinnvoll verwendet werden. Standardformats der
größten CAD-Softwarehersteller
sowie auch weitere Standardformats wie z.B. STL, werden aus diesem
Grund einlesbar und in eine interne Darstellung der Oberflächen-Geometrie
automatisch umzuwandeln sein. Das Verhältnis von jedem Punkt dieser
Darstellung zum 3D-Rechengitter ist aufgrund der maximal vereinfachten
Struktur des isotropen Rechengitters leicht zu ermitteln, auch wenn
sich das Wandgitter nach jedem Zeitschritt bewegt hat. Diese Methode
ist für
größere Wandabweichungen,
wie z.B. ein großes
Aneurysma oder Teile der Aorta, gut geeignet.
Bei
der "virtuellen
Operation" von Gefäßdeformationen
wird der räumliche
Verlauf der Gefäßwände bezüglich des
3D-Rechengitters verändert und
gegebenenfalls werden auch Implantate zur Geometriebeschreibung
zugefügt,
indem ihre "Skelette" (siehe Geometriebestimmung)
erst an den Wandverlauf angepaßt
und danach aufgebereitet (siehe oben) werden oder indem interaktiv
ausgewählte
Teilbereiche des durchströmten
Gefäßvolumens
nicht mehr als Blut, sondern als poröses Medium (s.o.) gekennzeichnet
wird. Zur Änderung
der Wandgeometrie wird in jedem Fall ein unstrukturiertes 2D-Gitter
manipuliert. Gegebenfalls wird das Endergebnis der Geometrieänderung
von der Form eines deformierten 2D-Gitters in eine neue Kennzeichnung
der wanddurchdringenden Gitterpunktverbindungen auf dem fixierten
3D-Rechengitter umgerechnet. Für
die Manipulation des unstrukturierten 2D-Gitters wird ein Teil seiner
Punkte interaktiv ausgewählt
und danach als elastisch verbunden gekennzeichnet. Dessen Ausgangslage
wird als Referenzkonfiguration betrachtet, in der keine unausgeglichenen
Spannungen vorliegen. Der Rest der Punkte bleibt fixiert.
Die
Möglichkeit,
Wandbewegungen nachzubilden und mit pulsierender Strömung nach
der Lattice-Boltzmann-Methode (LBM) gekoppelt zu betrachten, stellt
einen entscheidenden Vorteil der Erfindung dar. Dabei können die
Wandbewegungen synthetisch aus 2D-Darstellungen, insbesondere als Gitter,
ebenso aus mehreren Tomographieaufnahmen ermittelt werden. Die modernen
Tomographiegeräte
lassen eine Aufnahme zeitperiodischer Bewegungen des Herzens oder
von größeren Aneurysmen zu. Über die
Kopplung mit der Strömung
kann die mechanische Belastung der Wand bestimmt werden, ohne daß irgendein
invasiver Eingriff vorgenommen werden muß. Diese Vorgehensweise ist
genauer und kostengünstiger
als direkte Aufnahmemethoden (Ultraschall, Sine-Konstrast-MRI) für die Erfassung
der Blutströmung
und erlaubt eine zuverlässige
Einschätzung
der Wandspannungen. Bei der Bearbeitung einer Zeitreihe von Aufnahmen
wird ein Zustand, der dem am Ende der Diastole vorgefundenen nahe
liegt, als Referenzkonfiguration erzeugt.
Durch
grafisch interaktive Bewegung einzelner "elastischer" Punkte in der selbstständigen Wanddarstellung
kann die Lage aller anderen Punkte verändert werden. Nach jeder Bewegung
werden einander sehr nahe gekommene Punkte in einem Punkt vereinigt
und es wird danach die Möglichkeit gegeben,
eine automatische Optimierung der Anzahl und Lage der "elastischen" Punkte auf dem 2D-Gitter zu
veranlassen. Veränderungen
in der Topologie der gesamten Gefäßgeometrie werden anhand der
bereits vorhandenen Achsenstruktur nach jeder Bewegung automatisch
erkannt und gleich signalisiert.
Verfahren
zur "Aufblasung" der Implantate, unter
Einbeziehung ihrer elastischen Eigenschaften, bis sie gegen die
Gefäßwände fest
gedrückt
sind, scheinen nicht in geeigneter Form in der Literatur berichtet
zu sein. Dessen Prinzip soll die numerische Berechnung der Verdrängung und
Deformierung des Implantats aus einem Ausgangszustand sein, die
von der Referenzform des Implantats und einer Ausgangslage bestimmt
wird, die interaktiv von einer Bedienungsperson, z.B. vom Arzt,
vorgegeben wird. Sobald das Implantat nach einer Bewegung in die Richtung
einer Gefäßwand sie
an einem Punkt erreicht hat, wird es als hyperelastisches bzw. elasto-plastisches
Objekt (als 3D-Körper,
als Hülle
oder als Vernetzung verknüpfter "Drähte") dargestellt. Während der
weiteren Anpassung der Lage des Implantats wird die Gefäßwand bei
typischen Anwendungen unbeweglich und steif gehalten. Bei der Ausbreitung
des "Ballons" wird die benötigte Kraft
(gegen den Widerstand des Implantats) ermittelt und es wird eine
maximale (verstellbare) Kraft und der minimale Gefäßdurchmesser
im Ballonbereich nicht überschritten.
Am Ende wird der "virtuelle
Ballon" entfernt. Das
gesamte Verfahren der Plazierung eines Implantats schließt keine
Berücksichtigung
des im Gefäß vorhandenen
Blutes ein. Die entstandene Geometrie wird weiter genau so behandelt,
wie bei bereits tatsächlich
im Patienten plazierten Implantaten, deren Lage wie oben beschrieben
registriert worden ist.
Strömungssimulation:
Die Blutströmung
wird als inkompressibel modelliert. Die Bestimmung des Drucks wird
dennoch durch zwei Faktoren erschwert: Einerseits erlaubt die Elastizität der Gefäßwände die Ausbreitung
von Druckwellen, die in der Standardformulierung inkompressibler
Strömungslöser-Algorithmen
nicht behandelt werden können.
Andererseits stellt jede sehr komplexe Geometrie eine Voraussetzung
für Schwierigkeiten
bei der Lösung
der Poisson-Aufgabe für
die augenblickliche Druckverteilung dar. Z.B. ist der Druck auf
Gebieten mit "Löchern" nicht eindeutig
definiert. Dieses Problem wird mit dem Einsatz von Lattice-Boltzmann-Lösern vermieden,
da der Druck dabei mittels numerischer "Druckwellen", also qualitativ gemäß der eigentlichen
Physik, und nicht mittels Poisson-Lösern errechnet wird. Vergleiche
zwischen LBM und FVM bei der Lösung von
laminaren Strömungen
in einem "generischen porösen Medium" (siehe oben) haben
gezeigt, daß die
LBM-Lösung
für den
Druck wesentlich besser konvergiert. Dabei haben die "inkompressiblen" Varianten der bestens
bekannten LBM technische und weitere Vorteile. Das Problem der elastischen
Wände wurde
bereits diskutiert.
Darüber hinaus
kann die nicht-Newtonsche Rheologie des Blutes auch einen maßgeblichen
Einfluß haben,
besonders in Strömungsgebieten
mit sehr niedriger Blutgeschwindigkeit, z.B. innerhalb von großen Aneurysmen
oder in Kapillaren. In großen
Adern dagegen ist eine Annahme Newtonscher Rheologie nahezu problemlos.
Eine Ausnahme sind Fälle,
in denen die Wandspannung untersucht werden soll. Ein etabliertes
Modell für
die Blutrheologie ist bisher nicht bekannt, obwohl mehrere Messungen unternommen
worden sind. Besonders bei der Modellierung von teilweise durchströmbaren Teilen
des Gefäßlumens
als poröse
Medien zeichnet sich die Notwendigkeit ab, Tensormodelle für die Viskosität (sowie
die Diffusion unterschiedlicher Blutanteile und mitgetragener Stoffe)
anzuwenden.
Bisherige
LBM-Anwendungen haben stets skalare (auch nicht-Newtonsche, z.B.
turbulente) Viskositätsmodelle
zum Einsatz gebracht. Dennoch gibt es noch wenig erprobte Ansätze, die
den Einsatz von Tensormodellen erlauben, z.B. in dem der Spannungs tensor
in die Definition der LBM-Gleichgewichts-Funktion einbezogen wird.
Wenn es zur Strömungsnachbildung
erforderlich wird, auf komplizierte Spannungsensoren zurückzugreifen,
kann es auch notwendig werden, Information aus benachbarten Voxeln
zu verwenden und Finite-Differenzen zu berechnen.
Die
vollkommene Lokalität
bei allen LBM-Algorithmen führt
zu einer hervorragenden Skalierung auf Parallelrechnern. Die Anzahl
von Operationen und von Freiheitsgraden pro Gitterpunkt ist moderat, so
daß auf
Prozessoren mit ausreichendem "schnellen
Speicher" (Vektor-Register
bzw. Cache-Levels) eine hohe Rechengeschwindigkeit erreicht wird.
Die Lokalität
erlaubt sogar die Berechnung einer guten Näherung des gesamten Spannungstensors
nur aus Daten, die auf dem jeweiligen Gitterpunkt lokal vorhanden
sind. Besonders in Wandnähe
ist dies ein Vorteil vor FVM oder Finite-Differenzen-Methoden (FDM),
da die genaen Position und Bewegung der Wand nicht direkt in der
Spannungsberechnung benötigt
wird. Es liefert auch einen Effizienzvorteil bei der Berechnung
von Spannungen. Wenn die FDM-Näherung
dennoch berechnet wird, kann sie durch einen Vergleich mit dem Ergebnis
der "lokalen" Berechnung der Spannungen
einen empfindlichen Test der Genauigkeit in der LBM-Berechnung bei
höheren
Reynoldszahlen liefern. Der vollexplizite Charakter der LBM bedeutet,
daß alle
Berechnungen mit dieser Methode einen ausreichend kleinen Zeitschritt erfordern
(siehe oben). Andererseits stellt die Notwendigkeit, den Pulsverlauf
verläßlich zu
diskretisieren, eine ähnliche
Anforderung. Der Vergleich beider Einschränkungen ist von dem Erfinder
als eine Bestätigung
dafür empfunden
worden, daß der
explizite Charakter der Rechnungen bei Blutgefäßen keine wesentliche Rolle
spielt. Die Auflösung,
die bei den steilen Zeitgradienten des Druckverlaufs an verschiedenen
Orten mit entsprechender Verzögerung
erforderlich ist, bedingt die Auswahl des Zeitschritts auf einen
konstanten und kleinen Wert. Damit können pulsierende Strömungen,
bei denen die Druckschwankungen einen komplexen Zeitverlauf haben,
dargestellt werden und insbesondere feine und schnelle Bewegungen
im Fluid miterfaßt
werden. Implizite Verfahren auf der Basis von LBM (aber meistens
mit einer räumlichen
Diskretisierung durch FEM oder FVM und nicht, wie bei den Standard-LBM,
daß auch in
dem erfindungsgemäßen Verfahren
vorgesehen ist, durch FDM) sind für statische Probleme entwickelt
worden. In dem hier betrachteten Fall haben diese keine Vorteile.
Stattdessen wird hier bei stationären Aufgaben auf LBM-MG gesetzt.
Post-Processing:
Die wichtigsten Größen bei der
Einschätzung
der mechanischen Belastung von Gefäßwänden sind die von dem Blutstrom übertragenen
Spannungen. Alle Komponenten des Spannungstensors, differenziert
in einen viskosen und einen Druckanteil, werden bei DNS mit LBM
an jedem Gitterpunkt innerhalb des durchströmten Gebiets zu jedem Zeitschritt
als Teil des Simulationsverfahrens und nicht als zusätzliche
Rechenlast unabhängig
von anderen Punkten und Zeiten berechnet, was die Erstellung von
Zeitreihen an voraus von dem Arzt bestimmten Kontrollpunkten erleichtert.
Anhand dieser Daten können
nach Beendung der Simulation Statistiken wie z.B. ein Oszillationsindex
für die
Scherspannung (als Vektor tangential zur Wand) sehr schnell errechnet
und dargestellt werden. Eine Berechnung von Statistiken während der
Simulation verursacht einen wesentlichen Zeitaufwand und soll nur
dann eingeschaltet werden, wenn räumlich gemittelte Statistiken,
wie z.B. der globale Massenstrom durch einen gewissen Querschnitt
oder effektiv die Verweilzeit in einem ausgewählten Volumenteil des durchströmten Gebietes
gewünscht
werden.
Neben
den Spannungen können
auch weitere hydrodynamische Felder, wie die 3D-Vektorfelder der
Geschwindigkeit oder des Wirbels (berechnet als Anwendung einer
Finite-Differenzen-Näherung
des Rotationsoperators an das Geschwindigkeitsfeld), wichtige Informationen
liefern. Da die Strukturen dieser Felder einem Strömungsmechaniker
vertraut und für
diesen aussagekräftig
sind, einem Arzt aber mit großer
Wahrscheinlichkeit von wenig Bedeutung erscheinen werden, müssen ihre
Auswirkungen auf die Wandspannungen, Verweilzeit, etc. dem Arzt
auf Verlangen mit einfachen und leicht verfügbaren Erklärungen vertraut gemacht werden
können.
Z.B. sollen starke Wirbel als Gebiete mit niedrigem relativen Druck
innerhalb des Lumens und potentiell hohen Wandscherungsraten bezeichnet
werden oder sollte die Länge
von Stromlinien als Indikator möglicher Verklottung
oder Plaquenbildung benutzt werden, usw. Einstellbare Schwellwerte
und die automatische numerische Angabe der abschätzbaren Belastungen erleichtern
oder gar ermöglichen
erst für
einen Arzt die Identifizierung und Auswertung der Gefahr individueller
Gefäßdeformationen.
Zusätzlich sollen
auch die für
CFD- und Visualisierungs-Software üblichen Darstellungsmodalitäten verfügbar sein,
wie z.B. die mit einem Beispiel vorgestellten 3D-Isoflächen von
Geschwindigkeit (oder anderen Vektorfeldern wie dem Druckgradienten
und Skalarfeldern wie der Konzentration eines Präparats im Blut), Strömungslinien,
Streichlinien und LIC-Verfahren (Linienintegralfaltung). Lokal räumlich und
zeitlich (in-phase) gemittelte Daten können leicht auf das ursprüngliche
DICOM-Raster projiziert werden. Der pulsierende Anteil der Geschwindigkeit
und des Wirbels in ausgewählten
Schnitten können
ohne großen
Aufwand während
der Simulation errechnet und danach visualisiert werden.
Darstellungen
der Ergebnisse werden immer in einem Standardformat (DICOM) gespeichert,
um die automatische Dokumentierung, aber auch die 3D-Visualisierung
(durch Rotation, Zoomen, etc.) mit bereits vorhandener und vertrauter
Software für
die medizinische Bildgebung zu erleichtern. Die Auflösung der
Ergebnisdaten muß vor
der Simulation gewählt
werden und soll nicht gröber
als die der des ursprünglichen
3D-Tomographie-Datensatzes sein. Die während der Simulation eigentlich
in der Zeit fortbewegten Felder sind viel zu groß und dazu auch nicht direkt
in der medizinischen Praxis brauchbar, um ihr Speichern zu rechtfertigen.