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Amtsblatt |
DE Reihe L |
2025/1486 |
23.7.2025 |
DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2025/1486 DER KOMMISSION
vom 22. Juli 2025
mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EU) 2024/1789 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf den vorübergehenden Ausschluss von Angeboten für Wasserstofflieferungen, die ihren Ursprung in der Russischen Föderation oder Belarus haben, von der Einholung über den Mechanismus zur Unterstützung der Marktentwicklung von Wasserstoff
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) 2024/1789 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 über die Binnenmärkte für erneuerbares Gas, Erdgas sowie Wasserstoff, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1227/2011, (EU) 2017/1938, (EU) 2019/942 und (EU) 2022/869 sowie des Beschlusses (EU) 2017/684 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 715/2009 (1), insbesondere auf Artikel 54 Absatz 1,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Die Kommission hat einen Wasserstoffmechanismus (im Folgenden „Mechanismus“) eingerichtet, der im Rahmen der Tätigkeiten der Europäischen Wasserstoffbank umgesetzt wird, um die Entwicklung des Wasserstoffmarkts gemäß Artikel 52 der Verordnung (EU) 2024/1789 zu fördern (2). Der Mechanismus wurde im Juli 2025 eingeführt. Ziel des Mechanismus ist es, die Transparenz von Wasserstoffnachfrage, -angebot, -strömen und -preisen zu erhöhen und eine Koordinierungsfunktion wahrzunehmen, Erzeuger und Verbraucher zusammenzubringen sowie Informationen über Angebot und Nachfrage für erneuerbaren und CO2-armen Wasserstoff und dessen Derivate, die von Abnehmern mit Sitz in der Union und in den Vertragsparteien der Energiegemeinschaft und von Lieferanten innerhalb und außerhalb der EU vorgelegt werden, zu verarbeiten und Zugang zu diesen Informationen zu gewähren. Der Wasserstoffmechanismus wird im Einklang mit den EU-Wettbewerbsvorschriften, insbesondere den Artikeln 101 und 102 AEUV, umgesetzt und angewandt. |
(2) |
Unter Wasserstofflieferungen ist der Verkauf, einschließlich des Weiterverkaufs, von Wasserstoff, auch in der Form von flüssigen organischen Wasserstoffträgern oder flüssigem Wasserstoff und Wasserstoffderivaten, darunter Ammoniak oder Methanol, an Kunden zu verstehen (3). |
(3) |
Russland und Belarus produzieren erhebliche Mengen von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten (z. B. Ammoniak) aus fossilen Brennstoffen. Zudem besteht die Möglichkeit, dass erhebliche Mengen von erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff und dessen Derivaten, die ihren Ursprung in Russland oder Belarus haben, verkauft und geliefert werden könnten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass ein Teil dieser Mengen von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten auch in die Union ausgeführt wird. |
(4) |
Die Erfahrungen mit Energielieferungen aus Russland und Belarus haben gezeigt, dass Russland die Abhängigkeit der Union von seinen Energieausfuhren in die Union ausgenutzt hat, um Zwang auszuüben und zu manipulieren (4). So hat Russland Abhängigkeiten systematisch zum Nachteil der Wirtschaft und der wirtschaftlichen Sicherheit der Union missbraucht und die Energielieferbeziehungen mit Partnern in der Union genutzt, um Märkte zu manipulieren und die Versorgungssicherheit der Union zu schwächen (5). |
(5) |
Es besteht das Risiko, dass Russland und Belarus versuchen könnten, ähnliche Geschäftsbeziehungen und Abhängigkeiten auch in Bezug auf die Ausfuhren von erneuerbarem und CO2-armem Wasserstoff und dessen Derivaten in die Union aufzubauen und zur Marktmanipulation zu nutzen. |
(6) |
Wenn Lieferungen mit Ursprung in Russland oder Belarus im Rahmen des Mechanismus angeboten werden können, bestünde die Möglichkeit, dass Russland und Belarus in erheblichem Umfang auf dem Unionsmarkt Fuß fassen und somit leichter versuchen könnten, den im Entstehen begriffenen Wasserstoffmarkt zu manipulieren. |
(7) |
Da Wasserstoff häufig von industriellen Großkunden genutzt wird und der Wasserstoffmarkt viel weniger liquide ist als der Erdgasmarkt, könnte die Schaffung neuer Abhängigkeiten von Russland oder Belarus es diesen Ländern ermöglichen, ihre Strategie gegenüber der Union fortzusetzen, um deren Versorgungssicherheit durch Marktmanipulation, Lieferunterbrechungen oder andere Arten der Instrumentalisierung von Energielieferungen als Waffe zu gefährden. |
(8) |
Wenngleich diese Risiken selbst bei kleineren Anteilen an den Gesamtmengen bestehen, könnte die Einholung von Angeboten für russische und belarussische Wasserstofflieferungen über den Mechanismus die Rolle und Sichtbarkeit Russlands und Belarus auf dem Wasserstoffmarkt der Union erheblich erhöhen. Dies würde den Bemühungen der Union zuwiderlaufen, ihre Abhängigkeit von Energieeinfuhren aus Russland zu beenden (6) und neuen Abhängigkeiten von Energielieferungen aus diesen Ländern vorzubeugen (7). |
(9) |
Angesichts dieser geopolitischen Situation und unter Berücksichtigung der mit Energielieferungen aus Russland und Belarus verbundenen Risiken ist es erforderlich, Angebote für Wasserstofflieferungen mit Ursprung in Russland oder Belarus vorübergehend von der Einholung im Rahmen des Mechanismus auszuschließen, um die wesentlichen Sicherheitsinteressen und die Versorgungssicherheit der Union zu schützen. Nach Artikel 54 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2024/1789 gilt der Beschluss für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr und kann in begründeten Fällen verlängert werden. |
(10) |
Der vorübergehende Ausschluss wird das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts für Wasserstoff nicht übermäßig stören und die Versorgungssicherheit der Union oder eines Mitgliedstaats nicht untergraben, da der Wasserstoffmarkt der Union noch im Entstehen begriffen ist und Lieferungen aus Russland und Belarus nur in sehr begrenztem Umfang erfolgen. Darüber hinaus ist der vorübergehende Ausschluss mit dem Grundsatz der Energiesolidarität (8) vereinbar, da er im Interesse der Union vorgenommen wird und den Mechanismus betrifft, ohne dass dadurch die Rechte der Mitgliedstaaten oder ihrer Wirtschaftsteilnehmer unangemessen beeinträchtigt werden, außerhalb des freiwilligen Mechanismus Wasserstoff, einschließlich erneuerbaren und CO2-armen Wasserstoffs, und Wasserstoffderivate mit Drittländern zu handeln. Zudem wird dieser Beschluss im Einklang mit den Rechten und Pflichten der Union oder der Mitgliedstaaten gegenüber Drittländern gefasst. |
(11) |
Im Einklang mit Artikel 54 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2024/1789 hat die Kommission das Europäische Parlament und den Rat ordnungsgemäß über ihre Bewertung unterrichtet und kann gegebenenfalls vorschlagen, den Beschluss zu verlängern, auch im Hinblick auf die Angleichung der Maßnahme an andere Strategien der EU, wie den REPowerEU-Fahrplan (9), der darauf abzielt, die Unabhängigkeit der EU von russischer Energie durch Maßnahmen zur Unterstützung des Ausstiegs aus der Einfuhr von Gas, Nuklearmaterial und Öl weiter voranzubringen, um das Risiko der Instrumentalisierung von Energielieferungen als Waffe zu verringern — |
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Angebote für Wasserstofflieferungen, die ihren Ursprung in der Russischen Föderation oder Belarus haben, werden für einen Zeitraum von einem Jahr von der Einholung über den Wasserstoffmechanismus zur Unterstützung der Marktentwicklung von Wasserstoff ausgeschlossen.
Artikel 2
Dieser Beschluss tritt am zwanzigsten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Brüssel, den 22. Juli 2025
Für die Kommission
Die Präsidentin
Ursula VON DER LEYEN
(1) ABl. L, 2024/1789, 15.7.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/reg/2024/1789/oj.
(2) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Europäische Wasserstoffbank (COM(2023) 156 final vom 16.3.2023).
(3) Artikel 2 Nummer 28 der Richtlinie (EU) 2024/1788 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2024 über gemeinsame Vorschriften für die Binnenmärkte für erneuerbares Gas, Erdgas und Wasserstoff, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2023/1791 und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/73/EG (ABl. L, 2024/1788, 15.7.2024, ELI: http://data.europa.eu/eli/dir/2024/1788/oj).
(4) Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einstellung der Einfuhren von russischem Erdgas, zur Verbesserung der Überwachung potenzieller Energieabhängigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1938 (COM(2025) 828 final vom 17.6.2025).
(5) Einzelheiten zur Gefährdung der Versorgungssicherheit der Union durch Russland finden sich in der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen mit dem Titel „Assessing the impact of measures to phase out Russian gas imports and improve monitoring of potential energy dependencies and amending Regulation (EU) 2017/1938“ vom 17. Juni 2025 (SWD(2025) 830 final, S. 1 bis 15).
(6) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Europäischen Rat, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „REPowerEU-Plan“ (COM(2022) 230 final vom 18.5.2022).
(7) Erwägungsgrund 71 der Verordnung (EU) 2024/1789.
(8) Urteil vom 15. Juli 2021, Deutschland/Polen, C-848/19 P, ECLI:EU:C:2021:598, Rn. 71 („... der Grundsatz der Energiesolidarität [umfasst] eine allgemeine Verpflichtung der Union und der Mitgliedstaaten ..., bei der Ausübung ihrer jeweiligen Zuständigkeiten im Rahmen der Energiepolitik der Union die Interessen aller Akteure zu berücksichtigen, die möglicherweise betroffen sind, und Maßnahmen zu vermeiden, die die Interessen der Union und der anderen Mitgliedstaaten in Bezug auf die Sicherheit und die wirtschaftliche und politische Tragbarkeit der Versorgung sowie die Diversifizierung der Versorgungsquellen beeinträchtigen könnten, um ihrer gegenseitigen Abhängigkeit und faktischen Solidarität Rechnung zu tragen.“).
(9) Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen „Fahrplan für die Beendigung der Energieeinfuhren aus Russland“ (COM(2025) 440 final vom 6.5.2025).
ELI: http://data.europa.eu/eli/dec_impl/2025/1486/oj
ISSN 1977-0642 (electronic edition)