EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 22.5.2017
COM(2017) 506 final
Empfehlung für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
zum nationalen Reformprogramm Estlands 2017
mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2017
EUROPÄISCHE KOMMISSION
Brüssel, den 22.5.2017
COM(2017) 506 final
Empfehlung für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
zum nationalen Reformprogramm Estlands 2017
mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2017
Empfehlung für eine
EMPFEHLUNG DES RATES
zum nationalen Reformprogramm Estlands 2017
mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Estlands 2017
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION –
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,
gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken 1 , insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,
auf Empfehlung der Europäischen Kommission 2 ,
unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments 3 ,
unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,
nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,
nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,
nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,
nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1)Am 16. November 2016 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht 4 an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2017 eingeleitet wurde. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 9./10. März 2017 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 16. November 2016 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht 5 an, in dem sie Estland nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an. Diese Empfehlung wurde am 9./10. März 2017 vom Europäischen Rat gebilligt und am 21. März 2017 vom Rat verabschiedet. 6
(2)Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Estland die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in der Empfehlung 1 am Ende der vorliegenden Empfehlung des Rates ihren Niederschlag findet, sicherstellen.
(3)Der Länderbericht Estland 2017 7 wurde am 22. Februar 2017 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Estlands bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 12. Juli 2016, bei der Umsetzung der Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen von Europa 2020 bewertet.
(4)Am 28. April 2017 übermittelte Estland sein Stabilitätsprogramm 2017 und am 4. Mai 2017 sein nationales Reformprogramm 2017. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.
(5)Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden in den Programmen der Mitgliedstaaten für die Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Nach den Rechtsvorschriften über die ESI-Fonds 8 kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung und Änderung seiner ESI-Fonds-Programme auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen notwendig ist. Die Kommission hat weitere Leitlinien für die Anwendung dieser Vorschriften bereitgestellt. 9
(6)Estland unterliegt zurzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In seinem Stabilitätsprogramm 2017 hat Estland sein mittelfristiges Haushaltsziel von einem ausgeglichenen strukturellen Saldo auf ein Defizit von 0,5 % des BIP gesenkt. Die Regierung sieht in Bezug auf den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo vor, dass nach dem Überschuss von 0,3 % des BIP aus dem Jahr 2016 im Jahr 2017 ein Defizit von 0,5 % des BIP und im Jahr 2018 ein Defizit von 0,8 % des BIP verzeichnet wird. Nach den Schätzungen aus dem Stabilitätsprogramm entspricht dies einem strukturellen Überschuss von 0,2 % des BIP im Jahr 2017 und einem Defizit von 0,5 % des BIP im Jahr 2018, sodass das mittelfristige Haushaltsziel eingehalten wird. Ausgehend von dem neuberechneten 10 strukturellen Saldo dürfte das Defizit jedoch im Jahr 2017 0,1 % des BIP und 2018 0,9 % des BIP betragen und damit unter dem neuen mittelfristigen Haushaltsziel liegen. Dem Stabilitätsprogramm zufolge soll die öffentliche Bruttoverschuldung in den Jahren 2017 und 2018 weiter bei unter 10 % des BIP liegen. Das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario für 2017 und 2018 ist plausibel; für die späteren Jahre des Programms ist es hingegen als optimistisch anzusehen. Zudem gibt es Risiken bezüglich der veranschlagten Einnahmen im Zusammenhang mit verschiedenen neuen steuerlichen Maßnahmen, die im Jahr 2018 in Kraft treten.
(7)Nach der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission ist für 2017 mit einem strukturellen Defizit von 0,3 % des BIP zu rechnen, womit das mittelfristige Haushaltsziel erneut übertroffen würde. Für 2018 wird Estland empfohlen, das mittelfristige Haushaltsziel einzuhalten. Unter Annahme einer unveränderten Politik besteht die Gefahr einer gewissen Abweichung von dieser Vorgabe. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Estland bereit sein muss, im Jahr 2018 weitere Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der Vorgaben zu gewährleisten.
(8)Estland hat Maßnahmen ergriffen, um im Rahmen seiner Reform der Kommunalverwaltung die Bereitstellung und Zugänglichkeit hochwertiger öffentlicher Dienste einschließlich sozialer Dienste auf lokaler Ebene zu gewährleisten. Insbesondere hat Estland das Gesetz über die Verwaltungsreform verabschiedet, die zur Tragfähigkeit der Finanzlage der Gemeinden beitragen soll, damit diese eigene Tätigkeiten finanzieren, Entwicklung und Wachstum planen und hochwertige Dienstleistungen anbieten können. Die Phase der freiwilligen Zusammenschlüsse von Gemeinden wurde erfolgreich abgeschlossen. Nunmehr setzt Estland das Gesetz über den Sozialschutz um. Einige wichtige Maßnahmen zur Vollendung der Reform der Kommunalverwaltung wurden jedoch noch nicht getroffen. So steht die Überarbeitung der Finanzregelung für die Gemeinden noch aus. Weitere Rechtsakte über die Zuständigkeiten und die Aufgabenteilung zwischen den Gemeinden und der Zentralregierung befinden sich noch in Ausarbeitung. Die Verabschiedung der entsprechenden Gesetzesvorschläge ist von entscheidender Bedeutung für die Gewährleistung hochwertiger öffentlicher Dienstleistungen etwa in den Bereichen Bildung, Jugendarbeit, Gesundheitsförderung und Verkehr.
(9)Das geschlechtsspezifische Lohngefälle in Estland ist zwar von 28,3 % im Jahr 2014 auf 26,9 % im Jahr 2015 zurückgegangen, liegt damit aber nach wie vor höher als in jedem anderen Mitgliedstaat der Union. Die Regierung ergreift Maßnahmen, um das geschlechtsspezifische Lohngefälle weiter zu senken. So wird der mittlerweile verabschiedete Wohlfahrtsplan 2016-2023 umgesetzt, der zur Überwindung der Geschlechtersegregation auf dem Arbeitsmarkt und zum Abbau geschlechtsspezifischer Stereotypen beitragen soll. Die Änderung des Gleichstellungsgesetzes, der zufolge die Arbeitsaufsicht beauftragt werden soll, die Gleichstellung der Geschlechter im Privatsektor genauer zu überwachen, wurde noch nicht verabschiedet. Außerdem wird erwogen, die Bestimmungen zum Elternurlaub dahin gehend zu ändern, dass dieser flexibler in Anspruch genommen werden kann. Die entsprechende Gesetzesänderung wurde noch nicht verabschiedet.
(10)In Estland herrscht eine hohe Einkommensungleichheit. Das Verhältnis der Einkommen der wohlhabendsten 20 % zu den ärmsten 20 % der Haushalte stieg von 5,4 im Jahr 2012 auf 6,2 im Jahr 2015 und ist nunmehr das siebthöchste in der EU. Hauptgrund dafür ist offenbar die hohe Streuung der Löhne, die auf ein starkes Wachstum der Einkommen von Höherqualifizierten zurückzuführen ist. In absoluten Zahlen sind die Einkommen der ärmsten 10 % der Haushalte hinter der Wachstumsrate der mittleren Einkommen zurückgeblieben, was zu Problemen hinsichtlich der Angemessenheit des Systems der sozialen Sicherheit führt. Darüber hinaus halten bestimmte Leistungen (insbesondere Renten, Sozialhilfe und Arbeitslosengeld) nicht mit dem Anstieg der Markteinkommen Schritt. Dies hat auch zu einem allmählichen Anstieg der Armutsgefährdungsquote von 15,8 % im Jahr 2010 auf 21,6 % im Jahr 2015 geführt. Es wurden erhebliche Anstrengungen unternommen, die Steuerprogression ab 2018 zu erhöhen, indem der Einkommenssteuer-Grundfreibetrag angehoben wird, was insbesondere Geringverdienern zugutekommen soll.
(11)Die Ausgaben der Unternehmen für Forschung, Technologie und Innovation sind zwar im Jahr 2015 auf 0,69 % gestiegen, liegen damit aber weiterhin unter dem EU-Durchschnitt von 1,3 %. Der Anteil der Hightech- sowie der wissensintensiven Unternehmen ist nach wie vor gering, ebenso wie die Zahl der Promotionsabsolventen. Dadurch, dass das Lohnwachstum in den vergangenen Jahren stets über dem Produktivitätswachstum lag, wurden die Unternehmensgewinne und folglich auch das Investitionswachstum beeinträchtigt. Die gedämpfte Investitionstätigkeit im Bereich der technologischen Entwicklung kann dazu führen, dass der Mehrwert der Ausfuhren, insbesondere von Waren, weniger stark steigt als erwartet, sodass das Produktionswachstum beeinträchtigt werden könnte. Das Volumen der Auftragsforschung von Hochschulen für Unternehmen hat sich im Jahr 2015 erhöht. Dabei blieb die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Hochschulen jedoch trotz der von der Regierung getroffenen Maßnahmen begrenzt. Estland hat das Unternehmensumfeld zwar weiter verbessert, doch die langwierigen Insolvenzverfahren sowie die Erlösquote für gesicherte Gläubiger bilden nach wie vor Investitionshemmnisse. Im Jahr 2016 wurde ein Vorhaben zur Verbesserung des Insolvenzrahmens auf den Weg gebracht, um die Verfahren zu beschleunigen und effizienter zu gestalten und die Erfolgsquote bei den Anträgen zu steigern. Die entsprechenden Änderungen des Rechtsrahmens wurden jedoch noch nicht verabschiedet.
(12)Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Estlands umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2017 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Estland gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Estland berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der EU insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt.
(13)Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme 11 hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider –
EMPFIEHLT, dass Estland 2017 und 2018
1.weiter eine im Einklang mit den Anforderungen der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts stehende Haushaltspolitik verfolgt, was bedeutet, dass das mittelfristige Haushaltsziel 2018 erreicht werden sollte; die Angemessenheit seines Systems der sozialen Sicherheit besser gewährleistet; Maßnahmen zur Verringerung des geschlechtsspezifischen Lohngefälles trifft, insbesondere durch Erhöhung der Lohntransparenz und Überprüfung der Elternurlaubsregelungen;
2.private Investitionen in Forschung, Technologie und Innovation unter anderem durch Maßnahmen zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Unternehmen fördert.
Geschehen zu Brüssel am […]
Im Namen des Rates
Der Präsident